Abschiebungen nach Syrien: Dobrindt trotzt Wadephuls Bedenken und der Warnung des UNHCR in Syrien

01.11.2025 Unbeirrt und unerbittlich zeigt Dobrindt sich in seinen Abschiebeabsichten. Daran ändert auch der bei seinem Syrien-Besuch gewonnene Eindruck seines Minister- und Partei-Kollegen Wadephul ebensowenig wie die Warnung des obersten Repräsentanten des Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Syrien. 

... nicht nur Abschiebungen von Gefährdern und Straftätern, sondern generell von vor allem jungen Männern, deren Asylanträge abgelehnt wurden. Außerdem will Dobrindt demnach Syrern, die nach ihrer Flucht wieder zu Besuchen in ihr Land reisen, das Asyl verweigern. "Wir wollen mit Straftätern die Rückführungen beginnen", sagte Dobrindt der [Bild] Zeitung. (n-TV)

Wadephul hatte sich bei einem Besuch eines Vorortes der Hauptstadt Damaskus, der im Bürgerkrieg stark verwüstet wurde, bestürzt gezeigt und gesagt, ein solch großes Ausmaß an Zerstörung habe er persönlich noch nicht gesehen. Mit Blick auf die in Deutschland lebenden syrischen Flüchtlinge hatte der Außenminister hinzugefügt: "Kurzfristig können sie nicht zurückkehren. Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben." (n-tv)

„Syrien ist am Limit, die Aufnahmekapazität schon jetzt erschöpft“, sagt Vargas Llosa der Süddeutschen Zeitung. Würden jetzt aus Ländern wie Deutschland auch noch Geflüchtete zurückgeschickt, könne das die Lage nur verschlechtern. (s. unseren Beitrag Keine Abschiebungen nach Syrien, denn „Syrien ist am Limit, die Aufnahmekapazität schon jetzt erschöpft“)

Bei seiner Reise in den Nahen Osten zeigt sich Außenminister Wadephul in Syrien bestürzt über das Ausmaß der Zerstörungen. Der Minisiter stellt in Zweifel, dass die in Deutschland lebenden syrischen Flüchtlinge kurzfristig zurückkehren können. Dem widerspricht nun das Innenministerium.

Das von Alexander Dobrindt geführte Bundesinnenministerium hält trotz der jüngsten Aussagen von Außenminister Johann Wadephul zur Lage in Syrien an der Absicht fest, Flüchtlinge dorthin abzuschieben. "Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, dass Abschiebungen nach Syrien durchgeführt werden, beginnend mit Straftätern", sagte ein Sprecher des Innenministeriums dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

"Das Bundesinnenministerium arbeitet derzeit an einer Vereinbarung mit Syrien, damit Rückführungen möglich werden." Der Sprecher betonte weiter: "Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bearbeitet seit Ende September 2025 wieder Asylanträge von Syrern aus der Gruppe der jungen, arbeitsfähigen, allein reisenden Männer."

Wadephul hatte sich bei einem Besuch eines Vorortes der Hauptstadt Damaskus, der im Bürgerkrieg stark verwüstet wurde, bestürzt gezeigt und gesagt, ein solch großes Ausmaß an Zerstörung habe er persönlich noch nicht gesehen. Mit Blick auf die in Deutschland lebenden syrischen Flüchtlinge hatte der Außenminister hinzugefügt: "Kurzfristig können sie nicht zurückkehren. Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben."

Dobrindt will junge Männer abschieben

In der Frage, wie mit syrischen Straftätern umzugehen sei, sprach der Außenminister von "ganz wenigen Ausnahmefällen", die "natürlich" auch durch eine Rückführung nach Syrien zu lösen seien. Hierzu stehe das Auswärtige Amt mit dem syrischen Außenministerium im Austausch.

Politik 31.10.25 "Erinnert an Deutschland von 1945" Entsetzter Wadephul läuft durch zerbombte Vororte von Damaskus

Dobrindt strebt ein Abschiebeabkommen zwischen der Bundesregierung und den in Afghanistan herrschenden islamistischen Taliban an. Er würde "alles dafür tun, dass das mit Afghanistan funktioniert, und das Gleiche werde ich mit Syrien versuchen", kündigte der Minister vor zwei Wochen an.

Der CSU-Politiker plant laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung hier nicht nur Abschiebungen von Gefährdern und Straftätern, sondern generell von vor allem jungen Männern, deren Asylanträge abgelehnt wurden. Außerdem will Dobrindt demnach Syrern, die nach ihrer Flucht wieder zu Besuchen in ihr Land reisen, das Asyl verweigern. "Wir wollen mit Straftätern die Rückführungen beginnen", sagte Dobrindt der Zeitung.

 

Abgelehnte Asylbewerber aus Afghanistan und Syrien sollen vermehrt zurückgeführt werden. Unter ihnen häufig verurteilte Straftäter. Deutschland und andere EU-Staaten gehen dabei unterschiedliche Wege.

Einige EU-Staaten diskutieren, ob und wie tausende abgelehnte Asylbewerber in ihre Heimat abgeschoben werden können – insbesondere Menschen aus Afghanistan und Syrien. Das berichtet die „Welt“. Unter den abgelehnten Asylbewerbern sind häufig verurteilte Straftäter.

20 Mitgliedstaaten der EU – darunter auch Deutschland – haben einen Brief an Migrationskommissar Magnus Brunner geschrieben. Darin heißt es, dass es eine „gemeinsame Verantwortung“ der EU sei, Afghanen und Syrer ohne Aufenthaltsrecht freiwillig oder erzwungen abzuschieben.

EU-Staaten wollen mehr Abschiebungen von Straftätern aus Afghanistan und Syrien

Konkret sollen bisher 435 von 23.000 Afghanen, die im vergangenen Jahr eine Rückführungsentscheidung erhalten hätten, aus der EU in ihre Heimat zurückgekehrt sein, schreibt die „Welt“. Für Menschen, „die eine Gefahr für die öffentliche Ordnung oder die nationale Sicherheit darstellen“, sollten mehr Optionen zur Abschiebung geprüft werden. Dem stimmt auch Deutschland zu. 

Medienberichten zufolge sagte Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) bei einem Treffen der EU-Innenminister, dass man „mit Straftätern beginnen“ wolle, danach müsse es „aber auch entsprechend weitergehen“.

Das Problem: Offizielle diplomatische Beziehungen zu den Machthabern in Kabul fehlen, und auch die Menschenrechtslage ist prekär. So werden etwa in Afghanistan Frauen und Mädchen unterdrückt, Menschen gefoltert oder öffentlich hingerichtet, berichtet der „Spiegel“.

Deutschland schiebt Afghanen ab

Auch wenn offizielle diplomatische Beziehungen zu Afghanistan und Syrien nicht bestehen, seien etwa Gespräche zwischen der deutschen Regierung und den Taliban weit fortgeschritten, sagt Dobrindt. Aus Deutschland wurden mit Hilfe von Katar als Vermittler im letzten Jahr und in diesem Jahr jeweils einmal straffällige Afghanen nach Afghanistan abgeschoben. 

Das erste Mal, am 30. August 2024, etwa drei Jahre nach der Machtübernahme der Taliban, wurden insgesamt 28 ausreisepflichtige männliche Afghanen in ihre Heimat zurückgeführt. Dabei soll es sich um Straftäter und Gefährder gehandelt haben. Der Großteil dieser Afghanen stammte aus den Bundesländern Baden-Württemberg, Niedersachsen und Bayern. Einige der Betroffenen wurden direkt aus der Strafhaft zur Abschiebung abgeholt. 

Syrer kehren freiwillig zurück

Am 18. Juli 2025 wurden dann 81 Afghanen aus Deutschland nach Afghanistan abgeschoben. Anders sieht es bei Menschen aus Syrien in Deutschland aus: Seit dem Sturz des Assad-Regimes im Dezember 2024 sind nach Regierungsangaben einige Syrer mit Hilfe des Bund-Länder-Programms zur Förderung freiwillig ausgereist. Stand Mai 2025 sind mehr als 800 Syrer aus Deutschland freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt.  

Österreich als Vorreiter bei Abschiebungen

Auch Österreich ist aktiv. Als eines der ersten EU-Staaten hatte die Wiener Regierung Gespräche mit den Taliban in Afghanistan geführt, so die „Wiener Zeitung“. Taliban-Vertreter waren dafür vor Ort in Wien. „Abschiebungen nach Afghanistan brauchen starke Allianzen in Europa“, sagt Innenminister Gerhard Karner von der konservativen Österreichischen Volkspartei (ÖVP). Ebenfalls als erstes EU-Land hatte Österreich bis heute drei Menschen nach Syrien abgeschoben.

Griechenland verschärft Gesetze für abgelehnte Asylbewerber

Nachdem Machthaber Assad in Syrien gestürzt wurde, begann Griechenland damit, den Schutzstatus für Syrer aufzuheben, schreibt die „Welt“. Asylanträge von Menschen aus Syrien wurden abgelehnt.

Kaum möglich waren für Griechenland jedoch Abschiebungen: Es fehlten Kontakte sowie rechtliche und sicherheitspolitische Grundlagen. Daher verabschiedete das griechische Parlament ein Gesetz, das den „irregulären Aufenthalt“ von mehr als zwei Wochen für abgelehnte Asylsuchende strafbar macht.

Wer trotz abgelehnten Asylbescheids in Griechenland bleibt, muss für mindestens drei Jahre in Haft. Kontrolliert wird das durch Fußfesseln, die abgelehnte Asylbewerber tragen müssen, wie FOCUS online berichtete. Diese Verordnung beschreibt Migrationsminister Thanos Plevris als „strengste Abschiebepolitik in der gesamten EU“.

Schweden setzt auf freiwillige Rückkehrprogramme

Gemessen an der Bevölkerungszahl hat Schweden die meisten syrischen Flüchtlinge innerhalb der EU aufgenommen – im Jahr 2015 mehr als 50.000 Personen. Das Land schob 2023 und 2024 insgesamt neun verurteilte Straftäter nach Afghanistan ab.

Dennoch sagte Migrationsminister Johan Forssell: „Wir müssen Lösungen finden, um Zwangsrückführungen zu ermöglichen.“ Dabei hofft die schwedische Regierung auf die freiwillige Rückkehr und erhöhte die Prämie ab Anfang 2026 auf rund 32.000 Euro pro Person. Das berichtet "Euronews". 

Das skandinavische Land plant zudem, Entwicklungsgelder zu streichen, sollten abgelehnte Asylbewerber von ihrem Heimatland nicht zurückgenommen werden – etwa im Fall von Syrien. Mit den Ländern Somalia, Irak und Libanon bestehen bereits ähnliche Absprachen.

Italien kämpft mit niedriger Rückführungsquote

Noch bevor Diktator Assad in Syrien gestürzt wurde, versuchte die rechtsnationale Regierung in Italien abgelehnte Asylbewerber aus Syrien abzuschieben. 

Parallel wurde das italienische Lager in Albanien von einem Zentrum für Asylverfahren zu einem Abschiebezentrum für ausreisepflichtige Asylbewerber umfunktioniert. Trotz allem wurden bisher nur wenige illegal Eingewanderte aus Italien zurückgeführt. Im Vergleich zu anderen EU-Staaten ist die Quote sehr niedrig, heißt es in der "Welt".

Frankreich vergibt Prämien 

Frankreich hingegen hat den Brief an Migrationskommissar Brunner nicht unterzeichnet. Im Gegensatz zu anderen EU-Staaten, zu denen auch Deutschland gehört, schiebt Frankreich seit der Machtübernahme der Taliban keine Menschen nach Afghanistan ab. Der Grund: Die Taliban-Regierung wird nicht anerkannt. Dennoch gibt es freiwillige Rückkehrprogramme – inklusive einer Prämie von bis zu 2.500 Euro. Das Angebot nutzten 15 Afghanen freiwillig. Viele von ihnen waren vorbestraft.