Afghanistan-Aufnahmeprogramm: Nur 62 Menschen wollen für Geldzahlung auf Einreise in Deutschland verzichten

19.11.2025 Geld statt deutschem Visum - Dieses Angebot hatte das Innenministerium per Email den in Pakistan wartenden Afghan*innen gemacht und für die Antwort eines Frist bis 15. November gesetzt. Dass die Bedrohung mehr zählt als der Betrag für den Verzicht auf die Einreise in Deutschland, wundert eigentlich nicht. Doch das Innenministerium hat dies vielleicht falsch eingeschätzt und mit mehr gerechnet. Es hält sich erst einmal mit Auskünften bedeckt und wartet auf weitere Menschen, die auf den "Deal" eingehen möchten. 

Geld statt Aufnahme, damit wollte die Bundesregierung Schutzsuchende aus Afghanistan von ihren Asylgesuchen abbringen. Das Innenministerium hat nun erste Zahlen.

Nach dem Machtwechsel in Afghanistan hatte Deutschland zugesagt, ehemaligen Ortskräften und von den Taliban Verfolgten Schutz zu gewähren. Die neue Bundesregierung wollte den Afghaninnen und Afghanen nun lieber Geld bieten, wenn sie aus dem Aufnahmeprogramm ausscheiden. Doch nur wenige der Angeschriebenen haben das finanzielle Angebot bisher angenommen.

»Bisher haben zehn Prozent der Angeschriebenen, das entspricht 62 Personen, die Bereitschaft erklärt, das Angebot anzunehmen«, teilte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums auf Anfrage mit. Zudem bestehe Kontakt zu weiteren Angeschriebenen, die sich bislang nicht endgültig entschieden hätten. ...

Die Bundesregierung hatte mehreren Hundert Afghanen Geld geboten, wenn sie auf eine Ausreise nach Deutschland verzichten. Darauf eingegangen ist nur etwa jeder Zehnte.

Die Bundesregierung hat nur wenige Zusagen für ihr finanzielles Angebot an Afghaninnen und Afghanen bekommen, auf eine Aufnahme in Deutschland zu verzichten. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums haben sich mit 62 Personen etwa zehn Prozent der Angeschriebenen zu diesem Schritt bereiterklärt. Die Frist für eine Rückmeldung war am Montagabend abgelaufen. Das Ministerium hält jedoch nach eigener Auskunft mit einigen Angeschriebenen Kontakt, die sich noch nicht endgültig entschieden haben. 

Viele der Betroffenen warten seit Monaten oder Jahren in Pakistan auf ihre Ausreise. Die Regierung hatte einem Teil von ihnen Geld angeboten, wenn sie freiwillig aus dem Aufnahmeverfahren ausscheiden.

Die schwarz-rote Bundesregierung hat das Aufnahmeprogramm für besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen im Mai gestoppt. Neben ehemaligen Ortskräften sollten auch Menschen Schutz erhalten, die Verfolgung durch die Taliban befürchten müssen, etwa wegen ihrer Arbeit als Anwältinnen oder Journalisten. 

Unter den Menschen mit Aufnahmezusage sind knapp 220 ehemalige Ortskräfte und Angehörige, etwa 60 Personen von einer sogenannten Menschenrechtsliste, knapp 600 aus dem Überbrückungsprogramm sowie rund 1.000 aus dem Bundesaufnahmeprogramm für Afghanistan. 

Visa gerichtlich eingeklagt

Die Regierung aus CDU, CSU und SPD hatte in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, freiwillige Bundesaufnahmeprogramme "so weit wie möglich" zu beenden und keine neuen aufzulegen. Seit Regierungsantritt der schwarz-roten Koalition sind bislang dennoch fünf Flüge mit besonders gefährdeten Personen aus verschiedenen Programmen in Deutschland eingetroffen, zuletzt in der vergangenen Woche. Die Betroffenen werden unter anderem von der Organisation Kabul Luftbrücke unterstützt und hatten sich gerichtlich Visa eingeklagt. Die Organisation teilte der ZEIT mit, dass in dieser Woche etwa 25 weitere Afghaninnen und Afghanen nach Deutschland gebracht werden sollten.

1.900 Menschen warten auf Ausreise

In einem an Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) gerichteten Brief hatten betroffene Afghaninnen und Afghanen das Geldangebot zuletzt deutlich kritisiert: "Viele von uns haben mit Deutschland zusammengearbeitet und wertvolle Lebensjahre an Ihrer Seite verbracht. Wir waren wichtige Verbündete, Kameraden, Mitstreiter und Freunde", hieß es in dem Schreiben. "Es trifft tief unsere Herzen, wenn jemand uns mit Geld dazu bewegen will, dass wir unsere Sicherheit verkaufen – und einige von uns auch ihr Leben."