18.12.2025 aktualisiert: Darf man an Einsehen glauben? Wieviel Einschränkung ist im Wort "möglichst" enthalten? Das ist die neueste Nachricht:
Die Bundesregierung will noch vor Ende des Jahres weitere 535 Menschen aus Afghanistan mit bestehender Aufnahmezusage nach Deutschland holen.
Man habe ein Interesse daran, dass die Fälle möglichst schnell abgearbeitet würden, erklärte der CSU-Politiker. (DLF)
Die Bundesregierung will noch vor Ende des Jahres weitere 535 Menschen aus Afghanistan mit bestehender Aufnahmezusage nach Deutschland holen.
Diese warten in Pakistan auf ihre Ausreise. Innenminister Dobrindt sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, bei dem Großteil handele es sich um Personen aus dem sogenannten Bundes-Aufnahmeprogramm. Die restlichen kämen über ein anderes Programm für Ortskräfte ins Land. Man habe ein Interesse daran, dass die Fälle möglichst schnell abgearbeitet würden, erklärte der CSU-Politiker weiter. Darüber sei man mit den pakistanischen Behörden im Austausch. Personen, die auf diesem Weg einreisen, müssen ein Verfahren mit Sicherheitsüberprüfungen durchlaufen. Pakistan hatte der Bundesregierung bis zum Jahresende Zeit für die Aufnahmeverfahren gegeben. Danach sollen die Menschen nach Afghanistan abgeschoben werden.
Die Bundesregierung hatte die Aufnahmen stark eingeschränkt. Im Koalitionsvertrag hatten Union und SPD vereinbart, Aufnahmeprogramme so weit wie möglich einzustellen. Gerichte haben nach Klagen aber den Aufnahmeanspruch einzelner Menschen mit verbindlichen Zusagen festgestellt.
17.12.2025 Fortsetzung des Dramas um Aufnahme afghanischer Schutzsuchender, den Deutschland Sicherheit versprochen hatte. Während gerade wieder 160 von ihnen ankommen durften, warten nun noch 76 Menschen aus dem Ortskräfteverfahren und 465 Afghaninnen und Afghanen aus dem Bundesaufnahmeprogramm auf ein Visum für Deutschland. Andere bekamen letzte Woche den Widerruf der Aufnahmezusage per Email. Die Zusage sei politisch und nicht rechtsverbindlich gewesen, meint Dobrindt.
Den Angaben zufolge warten damit nun noch 76 Menschen aus dem Ortskräfteverfahren und 465 Afghaninnen und Afghanen aus dem Bundesaufnahmeprogramm auf ein Visum für Deutschland.
... wurde mitgeteilt, dass Deutschland kein politisches Interesse mehr an ihrer Aufnahme habe. Auch viele ehemalige Ortskräfte der Bundesregierung hatten zuletzt solche Absagen erhalten.
"Wir gehen davon aus, dass es um die 600 Personen sind, die keine rechtsverbindliche Aufnahmezusage haben," sagte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt den Redaktionen von RTL/ntv und Stern. "Denen haben wir das auch mitgeteilt." (n-tv)
Dobrindt hält Vorwürfe an seine Adresse nicht für berechtigt:
[Dobrindt] sei "maximal unzufrieden" damit, dass die letzte Regierung ein Problem geschaffen habe, es aber nicht bereit war zu lösen. (n-tv)
... der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, der SPD-Politiker Lars Castellucci, hatte Dobrindt deshalb scharf für die Rücknahme hunderter Aufnahmezusagen angegriffen. Es sei "unwürdig", sagte Castelucci, dass auf dem Rücken einer kleinen Gruppe von Menschen "eine ideologisch getriebene Migrationsdebatte ausgetragen" werde.
Dobrindt widerspricht dem Vorwurf: "Nein, der trifft überhaupt nicht zu", sagte der CSU-Politiker. "Der einzige Vorwurf, den man formulieren kann, ist: Warum hat Annalena Baerbock hier Probleme geschaffen, die sie dann nicht bereit war zu lösen?"... (n-tv)
Im Folgenden Medienbeiträge:
- Tagesschau 17.12.2025 Nach Entzug deutscher Aufnahmezusagen Verzweiflung bei geflüchteten Afghanen in Pakistan
Deutschland hatte ihnen Hilfe versprochen, doch dann die Aufnahmezusage zurückgezogen: Hunderte Afghanen in Pakistan befürchten nun, abgeschoben zu werden. Und hat Deutschland sensible Informationen weitergegeben?
... um die Hiobsbotschaft mitzuteilen. Alle hatten E-Mails im Namen der Bundesregierung bekommen, der Inhalt: Deutschland zieht seine Aufnahmezusagen zurück.
... "Und genau in der Nacht, in der wir die E-Mail erhielten mit der Absage unserer Aufnahme, kam die pakistanische Polizei in unser Hotel und verlangte unsere Ausweis- und Aufenthaltsdokumente", sagt Neela. Und sie fragt: "Kann das Zufall sein? Nach all dieser Zeit ist die absolute Mehrheit dieser 640 Flüchtlinge überzeugt: Nein, das kann kein Zufall sein."
Tatsächlich ist das eine Frage, die sich stellt: Warum kamen pakistanische Polizisten so kurz, nachdem die Mails aus Deutschland eingetroffen waren? Wussten sie etwa, dass genau diesen afghanischen Familien die Aufnahmezusagen aus Deutschland genommen worden waren? Werden solche sensible Daten womöglich sogar von deutscher Seite weitergegeben?
Dementi vom Auswärtigen Amt
Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte auf ARD-Anfrage klar: nein. Man gebe den Pakistanern zwar Listen der Afghanen, die eine Aufnahmezusage bekommen haben - um diese vor Verhaftung zu bewahren. Wenn sie sie aber verlören, melde man das der pakistanischen Seite nicht. "Austritte aus den Verfahren und mögliche Hintergründe werden nicht weitergegeben", so die Sprecherin. Alles doch nur Zufall?
Die Chemnitzer Rechtsanwältin Mia Silberman jedenfalls ist eine von mehreren deutschen Juristinnen, die von afghanischen Mandanten berichtet, denen es so wie Neela erging. Deren Aufnahmezusagen waren widerrufen worden, und sie sollten innerhalb von sieben Tagen das von der Bundesregierung bezahlte Gästehaus verlassen. Doch nach dem Widerruf dauerte es nur einen Tag, bis die Polizei kam. "Die Frist endete an einem Mittwoch", sagt Rechtsanwältin Silberman, "und am Donnerstagfrüh erhielt ich die Mitteilung, dass die Mandanten in das Hadschi-Lager (in Islamabad, Anm. d.Red.) gebracht wurden, um eben die Abschiebung nach Afghanistan vorzubereiten."
Ein böser Verdacht also, der auch genährt wird durch die Aussage eines pakistanischen Polizisten - als er und seine Kollegen Anfang September ein von Afghanen bewohntes Gästehaus in Islamabad durchsuchten. Man bekomme durchaus Namenslisten von der deutschen Seite von Afghanen, die ihre Aufnahmezusage verloren hätten. Das sagte er vor mehreren Zeugen. Dem ARD Studio Neu-Delhi liegt ein entsprechender Mitschnitt vor. Das Auswärtige Amt aber wollte diese Aussage ausdrücklich nicht kommentieren
Angst und Verunsicherung
Was wichtig ist: Der Entzug der Aufnahmezusage alleine muss für die Betroffenen noch nicht das Ende aller Hoffnung sein. Denn häufig können sie noch vor deutschen Gerichten klagen. Wenn sie aber inzwischen nach Afghanistan abgeschoben werden, sinken ihre Chancen, jemals nach Deutschland zu kommen, praktisch auf null. Und so bleibt - trotz des Dementis von deutscher Seite - ein Verdacht, der die Angst und Verunsicherung noch vergrößert. Das gilt für Neela, ihre Familie und allen Afghaninnen und Afghanen, die in Pakistan noch auf eine Weiterreise nach Deutschland hofften.
"Deutschland ist ein weltweit anerkanntes demokratisches Land und es hat nun sein Versprechen zurückgezogen, Dutzende von Familien aufzunehmen, denen in ihrer Heimat der sichere Tod droht", sagt die junge Frau und fragt verzweifelt: "Gibt es denn überhaupt noch einen Ort für Gerechtigkeit und Menschenrechte in der Welt?“ Sie glaube, so Neela, dass trotz allem Deutschland dieser Ort sein kann.
- Tagesschau 16.12.2025 Deutsche Aufnahmeprogramme 160 Menschen aus Afghanistan in Berlin gelandet
Ein Charterflug hat Afghaninnen und Afghanen aus Aufnahmeprogrammen nach Berlin gebracht. Hunderte warteten hingegen in Pakistan vergeblich auf eine Ausreise nach Deutschland - sie erhielten jüngst eine Absage des Bundes.
160 Menschen aus Afghanistan sind heute mit einem von der Bundesregierung organisierten Charterflug in Berlin gelandet. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte, dass es sich dabei um Afghaninnen und Afghanen handelt, die nach der Machtübernahme der Taliban in Kabul in zwei Programmen eine deutsche Aufnahmezusage erhalten hatten - teilweise schon vor Jahren. ...
Bei den nun in Berlin eingereisten Afghaninnen und Afghanen handelt es sich laut Bundesinnenministerium um 154 Menschen aus dem Bundesaufnahmeprogramm. An Bord der Maschine sei außerdem eine frühere Ortskraft mit fünf Angehörigen gewesen. Den Angaben zufolge warten damit nun noch 76 Menschen aus dem Ortskräfteverfahren und 465 Afghaninnen und Afghanen aus dem Bundesaufnahmeprogramm auf ein Visum für Deutschland...
Hunderte Menschen aus Afghanistan - eigentlich mit Zusagen über eine "Menschenrechtsliste" und die sogenannte Überbrückungsliste - erhielten in dieser Woche hingegen eine Absage der Bundesregierung. Ihnen wurde mitgeteilt, dass Deutschland kein politisches Interesse mehr an ihrer Aufnahme habe. Auch viele ehemalige Ortskräfte der Bundesregierung hatten zuletzt solche Absagen erhalten.
Bei den jüngsten Visa-Klagen bestätigten Gerichte Zusagen aus dem Bundesaufnahmeprogramm als rechtsverbindlich. Zusagen aus anderen Programmen seien indes als politisch zu werten, hieß es...
"Wir gehen davon aus, dass es um die 600 Personen sind, die keine rechtsverbindliche Aufnahmezusage haben", sagte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt den Redaktionen von RTL/ntv und Stern. "Denen haben wir das auch mitgeteilt." Sie bekamen Angebote vom Bund, auch finanziell, die ihnen helfen sollen, nach Afghanistan oder in ein anderes aufnahmebereites Land zurückzukehren.
- n-tv 16.12.2025 Gestrandete Ex-Ortskräfte Dobrindt will "überwiegenden Teil" der Afghanen mit Zusage nach Deutschland holen
Noch immer warten in Pakistan Hunderte Afghanen auf die Ausreise nach Deutschland. Innenminister Dobrindt geht davon aus, dass 600 von ihnen "keine rechtsverbindliche Aufnahmezusage" aus Deutschland haben. Sie dürfen nicht einreisen, andere schon.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt will eine Mehrheit der in Pakistan gestrandeten Afghanen nach Deutschland holen. "Der überwiegende Teil hat nach unserer Einschätzung rechtsverbindliche Aufnahmezusagen", sagte der CSU-Politiker den Redaktionen von RTL/ntv und "Stern". "Die werden wir auch erfüllen." Die Menschen seien "auch zu einem erheblichen Teil" auf dem Weg nach Deutschland.
Dobrindt sprach von rund 2000 Personen, die zu seinem Amtsantritt in Pakistan auf eine Einreise nach Deutschland gewartet hätten. Sie hatten Zusagen aus verschiedenen Aufnahmeprogrammen vorheriger Regierungen erhalten. Dobrindt will nicht alle von ihnen aufnehmen. "Wir gehen davon aus, dass es um die 600 Personen sind, die keine rechtsverbindliche Aufnahmezusage haben", sagte der Innenminister. "Denen haben wir das auch mitgeteilt."
"Maximal unzufrieden"
Für alle anderen Personen liefen die Sicherheitsüberprüfungen. In den letzten Monaten seien diese Verfahren in weiten Teilen abgearbeitet worden. "Ein erheblicher Teil befindet sich inzwischen davon in Deutschland", sagte Dobrindt. "Ein anderer Teil ist auf dem Weg, wenn sie die Verfahren positiv durchlaufen haben." Er sei "maximal unzufrieden" damit, dass die letzte Regierung ein Problem geschaffen habe, es aber nicht bereit war zu lösen. Die frühere Außenministerin Annalena Baerbock hatte die Verfahren immer wieder wegen schwerer Missbrauchsvorwürfe gestoppt.
Zuletzt hatten sich mehr als 200 Organisationen und Prominente wie der Moderator Jan Böhmermann, die Schauspielerinnen Iris Berben und Collien Fernandes, der ehemalige ZDF-Moderator Claus Kleber sowie der Journalist Deniz Yücel in Briefen an den Bundesinnenminister gewandt. Im Schreiben der Prominenten ist unter anderem von einem "beschämendem Taktieren" der Bundesregierung die Rede.
Hintergrund ist, dass die Bundesregierung alle Aufnahmeprogramme aus Afghanistan gestoppt hat. Dobrindt hat zudem eine erneute Überprüfung der 2000 in Pakistan verbliebenden Menschen angeordnet. Die Zeit dafür läuft allerdings ab. Die pakistanische Regierung will zum Jahreswechsel damit fortfahren, die Menschen nach Afghanistan auszuweisen.
Nicht alle Zusagen sind rechtlich bindend
Unter ihnen sind frühere afghanische Mitarbeiter von Bundeswehr und anderen deutschen Institutionen und Menschen, denen durch ihr Engagement für den Aufbau eines demokratischen Staates in Afghanistan Verfolgung droht. Die Menschen haben Aufnahmezusagen aus vier verschiedenen politischen Programmen. Die Zusagen stammen teilweise aus der Zeit der Ampelkoalition, teils noch aus der Vorgängerregierung von Angela Merkel.
Beste Chancen auf eine Einreise haben etwa 900 Menschen aus dem Bundesaufnahmeprogramm der Ampel-Regierung. Ihre Zusagen gelten als rechtlich verbindlich. Das haben verschiedene Gerichte in den zahlreichen Fällen entschieden, in denen Afghanen um ihre Einreise geklagt hatten. Auch bei früheren Ortskräften hatte Dobrindt ein "politisches Interesse" an der Einreise signalisiert. Allerdings haben nach "Stern"-Informationen einigen von ihnen nun ebenfalls Absagen erhalten.
Die Zusagen drei anderer Aufnahmeprogramme sind nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts dagegen nicht rechtlich bindend. Sie werden als politische Absichtserklärungen der jeweiligen Regierungen gewertet, die keinen verbindlichen Verwaltungsakt darstellen. Wer die Personen sind und wie gefährdet sie in Afghanistan sind, spielt dabei keine Rolle. So entstehen immer wieder Härtefälle.
"Niemand weiß, wo sie heute sind"
"Wir haben den Deutschen vertraut", sagte etwa Omar Ahmadi (Name verändert) in einem Videogespräch. "Jetzt lassen Sie uns im Stich." Zum Jahresende drohe ihm die Abschiebung nach Afghanistan. "Jeder dort weiß, dass wir für Deutschland gearbeitet haben und in Pakistan auf ein Visum gewartet haben", so der Mann, der einst Projekte für deutsche Institutionen durchgeführt hat.
Omar Ahmadi wird von der Bundesregierung nicht offiziell als Ortskraft anerkannt, weil er nicht direkt für die Bundesregierung gearbeitet hat, sondern Projekte der Bundesregierung über ein Unternehmen durchgeführt hat. Bedroht wird er von den Taliban für seine Arbeit trotzdem. "Es gibt geheime Listen über ehemalige Mitarbeiter der Deutschen und anderer Nationen", sagt Ahmadi. Er kenne Leute, die zurückgekehrt sind und sofort verhaftet worden. "Niemand weiß, wo sie heute sind."
Auch der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, der SPD-Politiker Lars Castellucci, hatte Dobrindt deshalb scharf für die Rücknahme hunderter Aufnahmezusagen angegriffen. Es sei "unwürdig", sagte Castelucci, dass auf dem Rücken einer kleinen Gruppe von Menschen "eine ideologisch getriebene Migrationsdebatte ausgetragen" werde.
541 Afghanen warten noch auf ein Visum
Dobrindt widerspricht dem Vorwurf: "Nein, der trifft überhaupt nicht zu", sagte der CSU-Politiker. "Der einzige Vorwurf, den man formulieren kann, ist: Warum hat Annalena Baerbock hier Probleme geschaffen, die sie dann nicht bereit war zu lösen?" Das hat offenbar auch die SPD-Bundestagsfraktion so gesehen: Sie stimmte gegen eine Forderung der Grünen, alle in Pakistan gestrandeten Afghanen aufzunehmen.
Nach und nach kommen nun Afghanen in Deutschland an. Erst an diesem Dienstag war ein weiterer Flieger aus Pakistan in Berlin gelandet. An Bord des Charterflugs waren 160 Menschen aus dem alten Bundesaufnahmeprogramm. Den Angaben des Bundesinnenministeriums zufolge warten noch 76 Menschen aus dem Ortskräfteverfahren und 465 weitere Personen aus dem Bundesaufnahmeprogramm der Ampel auf ein Visum.
Hunderte andere Menschen, die das Pech hatten, sich auf frühere Aufnahmeversprechen der Deutschen zu verlassen, werden Pakistan wohl bald in eine andere Richtung verlassen müssen: zurück nach Afghanistan. Dobrindt sagte dazu: "Wir müssen das jetzt lösen, aber ich kann das nur nach rechtlichen Grundsätzen abarbeiten und nicht nach Willkür." Für die Menschen vor Ort fühlt es sich allerdings genauso an: wie Willkür.