22.05.2025 Der Verein MEHR DEMOKRATIE stellte seinen Bürgerbegehrensbericht 2025 vor. Eingangs heißt es dazu:
Die direkte Demokratie lebt in Deutschlands Kommunen: Statistisch gesehen, finden an jedem Wochenende drei Bürgerentscheide statt. Das heißt: In drei Städten, Gemeinden und Kreisen stimmen die Bürgerinnen und Bürger über ein konkretes lokalpolitisches Thema ab. In den letzten Jahren häuften sich Bürgerentscheide zu Flüchtlings-Unterkünften – und die enden oft flüchtlings-freundlich.
... Der diesjährige Bericht enthält ein Sonderkapitel über Bürgerentscheide zu Flüchtlingsunterkünften. 27 solcher Bürgerentscheide gab es in den Jahren 2015 bis 2024. So durften die Menschen im nordrhein-westfälischen Sprockhövel im Jahr 2015 darüber abstimmen, ob sie „gegen den geplanten Standort der Flüchtlingsunterkunft neben der Grundschule“ sind. Eine Mehrheit stimmte mit Nein – und damit für die Unterkunft am geplanten Ort.
Insgesamt 16 der 27 Bürgerentscheide endeten mit einem flüchtlings-freundlichen Ergebnis. Allerdings gab es starke regionale Unterschiede: Bundesweit hatten knapp 60 Prozent der einschlägigen Bürgerentscheide ein flüchtlings-freundliches Ergbebnis. In den westlichen Bundesländern waren es knapp 70 Prozent, in den Jahren 2023/24 sogar 83,3 Prozent. Und in den östlichen Bundesländern exakt 0 Prozent.
Und doch: Eine rechtsextreme Kampagne, mit einer Flut von Bürgerbegehren in Ostdeutschland einen „Asylanten-Stop“ zu erzwingen, scheiterte auf ganzer Linie. Mehr dazu erfahren Sie in den Dokumenten, die unten verlinkt sind.
In der Pressemappe stellt MEHR DEMOKRATIE eine Kurzfassung zur Verfügung. Darin heißt es:
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Thema: Flüchtlings-Unterbringung
In den Jahren 2015 bis 2024 gab insgesamt 94 Verfahren, die sich mit dem Standort von Flüchtlingsunterkünften beschäftigten oder verwandten Themen wie der Verpachtung städtischer Flächen für die Flüchtlingsunterbringung. Es kam zu insgesamt 27 Bürgerentscheiden zu diesem Themenkomplex. Siehe dazu auch die folgende Auswertung!
Fact-Sheet Bürgerentscheide zur Unterbringung von Flüchtlingen
Zwischen 2015 und 2024 gab es 94 Verfahren zum Thema Flüchtlings-Unterkünfte. Diese richteten sich beispielsweise gegen einen bestimmten Standort einer Unterkunft oder gegen die Verpachtung von Gemeindeflächen zur Unterbringung von Flüchtlingen; oder, auch das gab es, sie setzten sich für eine bessere, z.B. innenstädtische Unterbringung ein. Die Verfahren wurden entweder von unten per Bürgerbegehren angestoßen oder von oben per Ratsbeschluss. Knapp die Hälfte dieser Bürgerentscheide (13) fand 2015/6 statt. Nach einer Flaute in den Zwischenjahren fanden 2023/4 weitere zehn Bürgerentscheide statt.
27 Bürgerentscheide, davon 16 flüchtlings-freundlich
27 Verfahren endeten mit einem Bürgerentscheid. Die Ergebnisse der Bürgerentscheide waren in 16 Fällen flüchtlings-freundlich und in zehn Fällen flüchtlings-unfreundlich. Ein Bürgerentscheid war in dieser Hinsicht neutral.
Bürgerentscheide zu Flüchtlingsunterkünften (Ergebnis)
Füchtlings-freundlich 16
Flüchtlings-unfreundlich: 10
Neutral 1
Starke regionale Unterschiede
Im Westen endeten 16 von 23 Bürgerentscheiden flüchtlings-freundlich, im Osten keiner von vier.
Anteil flüchlings-freundlicher Bürgerentscheide
Bund 59,3 Prozent
West 69,6 Prozent
West (Jahre 2023 / 24) 83,3 Prozent
Ost 0 Prozent
Flüchtlings-freundlich bedeutet: Die Bürgerinnen und Bürger entschieden sich für die geplante Unterbringung oder einen bessereren Standort; oder aber ein Bürgerentscheid mit flüchtlings-unfreundlicher Zielsetzung scheiterte. Flüchtlingsunfreundlich: Die Bürgerinnen und Bürger stimmten in einem Bürgerentscheid, der das Abstimmungsquorum erreichte, mehrheitlich gegen einen Flüchtlings-Standort.
Nur zwei Bürgerentscheide: Rechte Kampagne scheitert in Ostdeutschland
Für Ostdeutschland rief das rechte Magazin „Compact“ zum „ Asylanten-Stopp“ auf, und zwar „mit Hilfe direkter Demokratie“ und äußerte die Hoffnung, „dass der Bürgerwille eine Wende erzwingt“. Denn: „Direkte Demokratie ist die schärfste Waffe des Volkes – und wird viel zu selten genutzt”. Mithin gehe es um „die Rettung unseres geliebten Deutschlands!“
Laut AfD-Fraktion Mecklenburg-Vorpommern haben die Bürger in Ostdeutschland „eine neue Lust an mehr Partizipation und politischer Selbstgestaltung gewonnen“. Die rechte Partei begrüßte es, dass die Bevölkerung sich angeblich „gegen diesen Irrsinn der unkontrollierten Massenzuwanderung“ stelle. „Compact“ und AfD mobilisierten erheblich. Vor allem „Compact“ erweckte den Eindruck, als könne der Zuzug von Flüchtlingen verhindert werden, indem die Unterbringung vor Ort durch eine Vielzahl an Bürgerentscheiden verhindert wird. Doch den Worten folgten kaum Taten.
Kein Bürgerentscheid in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg
Trotz dieser rechten Kampagne kam es im Osten nur in zwei Bürgerentscheiden zu Flüchtlingsunterkünften, die von unten per Bürgerentscheid angestoßen wurden. Die anderen beiden Bürgerentscheide waren von oben angestoßene Ratsreferenden. Alle diese vier Bürgerentscheide fanden in Mecklenburg-Vorpommern statt, kein einziger in den vier anderen ostdeutschen Ländern. Heißt: Die rechte Mobilisierung endete als Rohrkrepierer...