Gegen Arbeitskräftemangel z. B. in der Gastronomie: Landkreistag will Arbeitspflicht für Asylbewerber*innen

28.02.2024 Nach Vorstellungen des Landkreistages sollen Asylbewerber*innen künftig für 80 Cent in der Stunde nicht nur zu gemeinnütziger Arbeit, sondern auch zur Arbeit für Unternehmen verpflichtet werden, z. B. in der Gastronomie. Dafür sprach sich der Landkreistag, der Zusammenschluss aller Landkreise in Deutschland, laut Verbandspräsident gegenüber der "Bild"-Zeitung aus.

  • "... Asylbewerber nun auch für Unternehmen als Arbeitskräfte verfügbar machen, vor allem dort, wo Personalmangel herrscht. "Es geht nicht so sehr um den Mehrwert der Arbeit für die Gesellschaft, sondern um das Signal, dass man sendet", sagte er. Aber es müsse mehr möglich sein, als nur den Park zu fegen. Das sei auf Dauer nicht mehr als eine Beschäftigungstherapie. In der Gastronomie etwa würden händeringend fleißige Helfer gesucht." Gezahlt werden 80 Cent pro Stunde, eine im Asylgesetz festgelegte Aufwandsentschädigung.

Ob es darum auch in der nächsten Bund-Länder-Runde zur Flüchtlingspolitik geht, die für den 6. März anberaumt wurde, um die Bund-Länder-Beschlüsse vom 6. und 7. November 2023 zu beraten?

  • Im ostthüringischen Saale-Orla-Kreis sollen Asylbewerber zu vier Stunden Arbeit pro Tag verpflichtet werden. Als erster Landkreis in Deutschland hatte der Saale-Orla-Kreis in Thüringen eine entsprechende Initiative beschlossen.
  • Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hält eine Arbeitspflicht für Asylbewerber im Einzelfall für sinnvoll. "Dass die Kommunen Asylbewerber, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten können, ist geltendes Recht. Im Einzelfall mag es auch sinnvoll sein, Menschen während der mitunter langen Wartezeit in Sammelunterkünften zu beschäftigten", sagte der SPD-Politiker der "Bild"-Zeitung. Eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration werde so allerdings nicht gelingen.  (tagesschau s. u.)

Aktualisiert 29.02.2024: Bericht Zeit Online: Nahles weist Forderung nach Arbeitspflicht für Asylbewerber zurück Andrea Nahles wundert sich über Forderungen des Landkreistages, Asylbewerber zur Arbeit zu verpflichten. Die Kommunen würden bereits bestehende Möglichkeiten kaum nutzen. Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Andrea Nahles.

Die Bundesagentur für Arbeit hält nichts von neuen Forderungen nach einer Arbeitspflicht für Asylbewerber. Die Chefin der Bundesagentur Andrea Nahles sagte in Nürnberg, sie habe sich etwas gewundert über entsprechende Forderungen des Landkreistages. "Die Arbeitsaufnahme von Geflüchteten in Sammelunterkünften ist schon seit Jahren rechtlich möglich, wird aber von den Kommunen eher zurückhaltend genutzt", sagte Nahles.

Umso überraschter sei sie gewesen, dass der Landkreistag "eine politische Forderung stellt, die meiner Meinung nach schon der Rechtslage entspricht". Sie fügte hinzu: "Solche Appelle, wenn die Rechtslage längstens es schon hergibt und man selber es einfach tun kann und sollte, finde ich komisch." ...

 

Zeit Online berichtete:

Landkreistag will alle Flüchtlinge zur Arbeit verpflichten

Verbandspräsident Reinhard Sager hat sich für eine Arbeitspflicht für Asylbewerber ausgesprochen – auch in Unternehmen. Derzeit dürfen sie nur gemeinnützig arbeiten.

Der Deutsche Landkreistag spricht sich dafür aus, eine Arbeitspflicht für alle erwerbsfähigen Asylbewerber in Deutschland einzuführen. "Die finanzielle Unterstützung vom Staat darf nicht bedingungslos sein", sagte Verbandspräsident Reinhard Sager der Bild. Wer sich über einen längeren Zeitraum in Deutschland aufhalte, müsse einer Arbeit nachgehen. "Das erwartet die Gesellschaft, und das wollen auch viele Flüchtlinge selbst so."

Sager forderte die Bundesregierung auf, das Asylbewerberleistungsgesetz entsprechend zu ändern. So sollten Flüchtlinge künftig nicht nur gemeinnützige Arbeiten, sondern auch Tätigkeiten in privaten Unternehmen ausüben dürfen.

Derzeit ist es so, dass Kommunen Asylbewerber und -bewerberinnen zu gemeinnütziger Arbeit heranziehen und etwa Sozialvereine oder andere freie Träger damit betrauen können. "Arbeitsfähige, nicht erwerbstätige Leistungsberechtigte, die nicht mehr im schulpflichtigen Alter sind, sind zur Wahrnehmung einer zur Verfügung gestellten Arbeitsgelegenheit verpflichtet", heißt es im Asylbewerberleistungsgesetz. Gezahlt werden 80 Cent pro Stunde, eine im Asylgesetz festgelegte Aufwandsentschädigung. Lehnen die Asylbewerber die Arbeit ab, droht ihnen Geldabzug. Unabhängig davon dürfen Asylbewerber nach drei Monaten Jobs auf dem regulären Arbeitsmarkt annehmen, sofern sie die Erstaufnahmeeinrichtung verlassen konnten, spätestens aber nach 15 Monaten. Für Geduldete gelten etwas andere Regeln.  

Verbandspräsident Sager will Asylbewerber nun auch für Unternehmen als Arbeitskräfte verfügbar machen, vor allem dort, wo Personalmangel herrscht. "Es geht nicht so sehr um den Mehrwert der Arbeit für die Gesellschaft, sondern um das Signal, dass man sendet", sagte er. Aber es müsse mehr möglich sein, als nur den Park zu fegen. Das sei auf Dauer nicht mehr als eine Beschäftigungstherapie. In der Gastronomie etwa würden händeringend fleißige Helfer gesucht. 

Tagesschau vom 29.02.2024:

Arbeitspflicht für Asylbewerber  Heil hält Beschäftigung "im Einzelfall" für sinnvoll

Stand: 29.02.2024 03:50 Uhr

Asylbewerber zum Arbeiten zu verpflichten könnte laut Arbeitsminister Heil im Einzelfall sinnvoll sein. Als erster Landkreis in Deutschland hatte der Saale-Orla-Kreis in Thüringen eine entsprechende Initiative beschlossen.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil hält eine Arbeitspflicht für Asylbewerber im Einzelfall für sinnvoll. "Dass die Kommunen Asylbewerber, die in Gemeinschaftsunterkünften leben, zu gemeinnütziger Arbeit verpflichten können, ist geltendes Recht. Im Einzelfall mag es auch sinnvoll sein, Menschen während der mitunter langen Wartezeit in Sammelunterkünften zu beschäftigten", sagte der SPD-Politiker der "Bild"-Zeitung. Eine nachhaltige Arbeitsmarktintegration werde so allerdings nicht gelingen. 

Im ostthüringischen Saale-Orla-Kreis sollen Asylbewerber zu vier Stunden Arbeit pro Tag verpflichtet werden. Grundlage ist eine entsprechende Regelung im Asylbewerberleistungsgesetz, wie ein Kreis-Sprecher sagte. Die Geflüchteten sollen für 80 Cent Entlohnung pro Stunde einfache Arbeiten erledigen. Weigern sie sich, drohen Geldkürzungen von bis zu 180 Euro im Monat.

Heil setzt auf "Turbo-Jobs"

Im Asylbewerberleistungsgesetz heißt es im Paragraf fünf: "Arbeitsfähige, nicht erwerbstätige Leistungsberechtigte, die nicht mehr im schulpflichtigen Alter sind, sind zur Wahrnehmung einer zur Verfügung gestellten Arbeitsgelegenheit verpflichtet."

Heil sagte, sein Ziel sei, Menschen, die hier Schutz gefunden hätten, dauerhaft in sozialversicherungspflichtige Arbeit zu bringen. "Deshalb setze ich auf den Job-Turbo, mit dem wir die Betreuung durch die Jobcenter intensivieren, Fähigkeiten und Qualifikationen der Geflüchteten ermitteln und somit konkrete Arbeitsangebote unterbreiten."

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Thüringer CDU-Chef verteidigt Arbeitspflicht

In der Debatte um die Arbeitspflicht für Asylbewerber verteidigte Thüringens CDU-Chef Mario Voigt die Initiative des Saale-Orla-Landkreises. "Wir müssen die Botschaft aussenden: Wer in Deutschland die Solidarität der Gemeinschaft erfährt, muss dafür auch etwas zurückgeben", sagte der CDU-Politiker dem Redaktionsnetzwerk Deutschland mit Blick auf die umstrittene Entscheidung des CDU-Landrats Christian Herrgott. Diese Entscheidung sei ein "Zeichen für notwendige Begrenzung von Zuwanderung".  

Der Bundesregierung sowie der Landesregierung unter dem Linken-Politiker Bodo Ramelow warf der CDU-Politiker Handlungsunfähigkeit vor. "Wenn die Ampel im Bund und die Ramelow-Regierung im Land nicht handeln, müssen wir dort, wo wir es können, eigene Wege gehen", argumentierte Voigt. 

Unterstützung für die Entscheidung des Thüringer Landrats kam auch von CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann. Der CDU-Generalsekretär begrüßte eine mögliche Arbeitspflicht für Flüchtlinge. Linnemann sagte der "Bild"-Zeitung: "Alles, was das Prinzip des Förderns und Forderns wieder stärkt, ist zu begrüßen." Dies gelte "nicht nur für Bürgergeldempfänger, sondern auch für Asylbewerber".

Zugang zum Arbeitsmarkt stark eingeschränkt

Der Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt ist für neu ankommende Geflüchtete stark eingeschränkt. Nach geltender Rechtslage dürfen Asylbewerber grundsätzlich erst nach drei Monaten einer Arbeit nachgehen - wer in einer Aufnahmeeinrichtung leben muss und kein minderjähriges Kind hat, sogar erst nach neun Monaten. Geduldete oder Geflüchtete in einer Aufnahmeeinrichtung mit minderjährigem Kind dürfen nach sechs Monaten arbeiten.

Asylbewerber aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten, die nach August 2015 ihren Asylantrag gestellt haben, haben grundsätzlich keinen Zugang zum Arbeitsmarkt.