Hoffnung? Innenministerin Faeser will „Koalition aufnahmebereiter Staaten“

19.01.2022 Neue Töne aus dem Innenminsterium: Nancy Faeser stellte bei einem Treffen mit EU-Innenkommissarin Ylva Johannsen ihre mit Frankreich getroffenen Überlegungen vor, nun eine „Koalition aufnahmebereiter Staaten“ zu bilden. Aus Presseveröffentlichungen haben wir hierzu Stimmen der Zustimmung und des heftigen Protestes von Seehofers Parteifreunden zusammengestellt.

"Um Staaten an der EU-Außengrenze zu entlasten und den Stillstand in der europäischen Asylpolitik zu beenden, will Deutschland zusammen mit Frankreich das europäische Asylsystem grundlegend reformieren. Denkbar sei eine "Koalition der aufnahmebereiten Mitgliedsländer", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Freitag in Berlin. Kerneuropa könne bei der Aufnahme Geflüchteter vorangehen, damit weitere Staaten dem guten Beispiel später folgen. Dies sei "eine Chance, Verhärtungen aufzubrechen und zu Kompromissen zu kommen", so Faeser." ... "Wir wollen nicht, dass die Weiterentwicklung eines gemeinsamen Asylsystems daran scheitert, dass vielleicht der eine oder andere Staat sagt, diese Dinge können wir uns nicht vorstellen", sagte Faeser. Zusammen mit Frankreich wolle Deutschland "trotzdem vorankommen". Sie hoffe auf die Solidarität weiterer Staaten. SZ

"Sie könne sich vorstellen, auf dem Weg zu einem gemeinsamen, funktionierenden EU-Asylsystem mit einer Koalition der aufnahmebereiten Mitgliedstaaten voranzugehen, sagte Faeser am Freitag nach einem Treffen mit EU-Innenkommissarin Ylva Johansson in Berlin. Dies biete die Chance, „verhärtete Fronten aufzubrechen“, ergänzte sie. Sie wolle nicht, dass die Weiterentwicklung eines gemeinsamen Asylsystems daran scheitert, dass der ein oder andere Staat sagt, er könne sich das nicht vorstellen. Deutschland wäre nach ihren Worten Teil einer Gruppe von Staaten, die bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen. Vielleicht müsse an der ein oder anderen Stelle das „Kerneuropa“ vorangehen, bevor weitere dem Beispiel folgten, sagte Faeser." MiGAZIN

"Fronten aufbrechen ... Mit einer Gruppe von EU-Mitgliedstaaten könne Deutschland nun wieder mehr Bewegung in die Verhandlungen bringen und für bessere Standards sorgen. Faeser selbst setzte sich ebenfalls demonstrativ von ihrem Amtsvorgänger ab. Als Hauptunterschied zu Seehofer (CSU) nannte Faeser ihre Überzeugung, die europäische Rolle in der Innenpolitik stärker wahrnehmen zu wollen. Ein weiterer Unterschied sei das Vorhaben, legale Wege der Migration zu schaffen, um von irregulärer Migration wegzukommen." Welt

"Die Schwedin Johansson, wie Faeser eine Sozialdemokratin, sagte ... Es sei wichtig, dass sich die europäischen Staaten solidarisch verhielten und entsprechend ihrer jeweiligen Stärke bereit seien, Menschen aufzunehmen. Die Aufnahme von Asylbewerbern sei aber nicht der einzige Weg, um Solidarität zu zeigen, so Ylva Johansson weiter. Mitgliedstaaten könnten auch dafür sorgen, dass Menschen ohne Asylrecht in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden. Faeser betonte, es gebe unterschiedliche Wege, sich an der Solidarität Europas zu beteiligen. Denkbar seien etwa auch Ausgleichszahlungen. Immer aber gehe es um die Stärkung der Europäischen Gemeinschaft." Welt

"Riesenzoff um Asylplan", titelte wenige Tage später BILD und ließ mehrere Unionsvertreter zu Wort kommen.

t-online fasst diese zusammen:

"Innenministerin Faeser will die Asylpolitik auf europäischer Ebene neu aufstellen. Die Union hält von den Plänen nichts – und verlangt deutliche "Stoppsignale" an Geflüchtete.

Die Union hat die Ankündigung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kritisiert, in der EU-Flüchtlingsfrage gemeinsam mit einigen anderen Ländern eine "Koalition der aufnahmebereiten Mitgliedstaaten" zu schmieden.

"Oberste Priorität für eine deutsche Innenministerin muss jetzt sein, klare Stoppsignale zu senden und keine neuen Einladungen zu verteilen", sagte der CDU-Innenexperte Christoph de Vries der "Bild"-Zeitung vom Montag. Deutschland habe "viele Jahre die größten humanitären Lasten in Europa getragen". ..

"Mit Alleingängen einiger weniger Staaten lässt sich das Problem der Migration nicht lösen", sagte der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber "Bild". Faeser solle "mehr Energie auf das Zusammenarbeiten in Europa aufwenden als auf das Spalten Europas."

Auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat die Pläne der Bundesinnenministerin scharf kritisiert. "Deutschlands Verantwortung ist es, Europa in den großen Fragen zusammenzuführen statt zu spalten", sagte der CSU-Politiker am Montag in Berlin. "Der neue Ampel-Geist in der Migrationspolitik ist ein Schreckgespenst für die europäische Idee und zeigt mangelnden Respekt vor der Haltung unserer Nachbarländer."

Dobrindt sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wer einseitig neue Anreize setzt für mehr Migration, gefährdet damit die Einheit in Europa und die offenen Grenzen in der EU." Faeser habe offensichtlich nicht verstanden, dass Europa bedeutet, "alle hinter einer Idee zu versammeln statt gegen andere die eigene Ideologie durchzusetzen".

... Unterstützung für derartige Pläne gibt es aber weiter auch bei den Grünen. "Eine Koalition der Willigen ist da der einzige Ausweg", sagte der Vorsitzende des EU-Ausschusses im Bundestag, Anton Hofreiter, der Nachrichtenagentur AFP. Er sehe "momentan nicht, dass wir mit Mitgliedstaaten wie Ungarn oder Polen zu einem gemeinsamen Ergebnis in dieser Frage kommen können". Hofreiter verwies auch darauf, dass "eine ganze Reihe Städte und Kommunen" bereit sei, "Geflüchtete aufzunehmen".