Nach coronabedingtem Rückgang: Zahl der Asylanträge 2022 deutlich gestiegen

11.01.2023 Heute wurden die Zahlen derer bekannt gegeben, die neben den Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine in Deutschland Schutz suchten und einen Asylantrag stellten. Insgesamt waren es 47 % mehr als im Corona-Jahr 2021, darunter rund 25.000 für hier geborene Kinder. Rund 192.00 Schutzsuchende kamen 2022 neu in Deutschland. Auch die Schutzbedürftigkeit ist gestiegen. Die bereinigte Schutzquote (also bezüglich inhaltlich überprüfter Asylanträge) liegt bei über 70 % und ist damit so hoch wie nie; zu direkt vom BAMF bewilligten Asylanträgen kommen Tausende von Verwaltungsgerichten aufgehobene unrechtmäßige Asylbescheide. Im vergangenen Jahr gab es über 22.000 Dublinentscheidungen, das bedeutet Verweisung und Ausreisepflicht ins Erstaufnahmeland, z. B. Rumänien.

 

Wir zitieren den epd und anschließend die Pressemitteilung von Pro Asyl Trotz der Revolution im Iran: Anstieg der Asyl-Ablehnungsquoten – PRO ASYL zu Asylzahlen 2022

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat den Angaben zufolge im vergangenen Jahr über 228.673 Asylgesuche entschieden. 40.911 Personen (17,9 Prozent) erhielten den Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention, 87.552 (38,3 Prozent) anderweitigen Schutz. 49.330 Anträge (21,6 Prozent) wurden abgelehnt (z.B. wegen Zuständigkeit eines anderen EU-Landes), 50.880 Anträge (22,3 Prozent) erledigten sich, etwa weil ein Antrag zurückgenommen wurde.

Zahl der Asylanträge 2022 deutlich gestiegen

Vor allem Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine suchten 2022 Schutz in Deutschland. Aber auch aus anderen Teilen der Welt haben wieder mehr Menschen um Asyl gebeten - vor allem aus Syrien und Afghanistan, aber auch aus dem Iran und Russland.

Berlin (epd). Nach einem Rückgang in der Corona-Pandemie haben im vergangenen Jahr wieder mehr Menschen einen Antrag auf Asyl in Deutschland gestellt. Wie das Bundesinnenministerium am Mittwoch mitteilte, wurden 217.774 Erstanträge auf Asyl registriert. Das war gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg um rund 47 Prozent (2021: 148.233 Anträge).

Hinzu kamen rund 26.000 Folgeanträge - deutlich weniger als im Vorjahr, womit sich die Gesamtzahl der Asylanträge im Jahr 2022 um 28 Prozent erhöhte. Elf Prozent der Erstanträge - rund 25.000 - wurden für bereits in Deutschland geborene Kinder gestellt. Die Zahl der 2022 neu in Deutschland angekommenen Flüchtlinge liegt damit bei rund 192.000.

Hauptherkunftsländer der Schutzsuchenden waren erneut Syrien (72.646 Anträge) und Afghanistan (41.471 Anträge). Die Türkei war mit 25.054 Anträgen dritthäufigstes Herkunftsland. 2021 lagen Syrien, Afghanistan und der Irak auf den ersten drei Plätzen. Neu auf der Liste der sogenannten "zugangsstärksten Staatsangehörigkeiten" des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge war 2022 Russland. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine stellten im Gesamtjahr 2.851 Menschen aus Russland einen Erstantrag auf Asyl, allein 529 im vergangenen Dezember. Sie machten aber im Gesamtjahr 2022 nur 1,3 Prozent der Asylerstanträge aus.

Die Zahl der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine ist in der Asyl-Statistik nicht erfasst, weil sie nicht das reguläre Asylverfahren durchlaufen. Laut Bundesinnenministerium wurden seit Beginn des russischen Angriffskriegs rund eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland registriert. Sie machten damit rund 80 Prozent der Schutzsuchenden in Deutschland aus, betonte das Bundesinnenministerium. Wie viele sich davon aktuell in der Bundesrepublik aufhalten, ist nicht genau erfasst.

Auch in anderen Teilen der Welt seien Menschen auf der Flucht vor Krieg und Terror, erklärte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Sie versprach, der Bund stehe an der Seite von Ländern und Kommunen bei der Aufgabe, die Flüchtlinge zu versorgen und unterzubringen. Der Bund unterstützt in erster Linie finanziell. 2,75 Milliarden Euro hat er den Ländern in diesem Jahr dafür versprochen.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat den Angaben zufolge im vergangenen Jahr über 228.673 Asylgesuche entschieden. 40.911 Personen (17,9 Prozent) erhielten den Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention, 87.552 (38,3 Prozent) anderweitigen Schutz. 49.330 Anträge (21,6 Prozent) wurden abgelehnt, 50.880 Anträge (22,3 Prozent) erledigten sich, etwa weil ein Antrag zurückgenommen wurde.

Als abgelehnt geht ein Antrag aber auch dann in die Statistik ein, wenn ein anderer EU-Staat für die Bearbeitung zuständig ist. Die Zahl der Anträge, deren Asylbegehren aus inhaltlichen Gründen abgelehnt wurde, liegt damit niedriger. Die sogenannte bereinigte Schutzquote, die formelle Entscheidungen herausrechnet, lag nach Angaben der Linken 2022 bei mehr als 70 Prozent und damit so hoch wie nie. Zum Vergleich: Das Bundesamt gibt eine Schutzquote von 56 Prozent an. Die Statistik für das Jahr 2022 zeige vor allem, dass die in Deutschland ankommenden Schutzsuchenden in hohem Maße schutzbedürftig seien, erklärte die Bundestagsabgeordnete Clara Bünger.

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl kritisierte, dass auch nach dem gewaltsamen Vorgehen gegen Demonstranten im Iran Asylanträge von Menschen in dem Land immer noch in hoher Zahl abgelehnt würden. Sie forderte einen Stopp der Ablehnungen angesichts der Menschenrechtslage im Iran. 2022 stellten der Statistik zufolge 6.322 Iranerinnen und Iraner einen Asylantrag in Deutschland.

 

Trotz der Revolution im Iran: Anstieg der Asyl-Ablehnungsquoten – PRO ASYL zu Asylzahlen 2022

11.01.2023 PRO ASYL fordert Innenministerin Nancy Faeser und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf, für Menschen aus dem Iran einen sofortigen Entscheidungsstopp für Ablehnungen zu veranlassen.

Es darf nicht sein, dass das BAMF zwar auf Grundlage einer neuen Lagebewertung durch das Auswärtige Amt von Ende November 2022 seine Herkunftsländer-Leitsätze überarbeitet, aber unterdessen weiterhin Menschen ablehnt, weil sie im Iran nicht bedroht seien.

Anfang Dezember 2022 hat Bundesinnenministerin Faeser die Menschenrechtslage im Iran als desaströs bezeichnet, zum Internationalen Tag der Menschenrechte am 10. Dezember 2022 hat sie sich mit den Protestierenden im Iran solidarisiert und Respekt für die Menschen geäußert, „die mit unglaublichem Mut ihr Leben riskieren, um für die Menschenrechte in ihrem Land einzutreten“. Die Asylbehörde BAMF, die dem Innenministerium untersteht, scheint das hingegen kaum zu interessieren.

Im Zeitraum Januar bis August 2022 erhielten noch 46 Prozent der Asylsuchenden aus dem Iran Schutz im Asylverfahren, 54 Prozent wurden abgelehnt. Seit dem Beginn der Revolte (die mit der Ermordung Masha Aminis am 16. September begann) erhielten jedoch nicht mehr Menschen aus dem Iran Schutz in Deutschland, wie vielleicht zu vermuten. Im Gegenteil: Die Ablehnungsquote stieg zunächst sogar leicht an. Im September 2022 lag die Ablehnungsquote bei 61 Prozent, im Oktober bei 59 Prozent, im November bei 58 und im Dezember bei 51 Prozent. Das geht aus den heute veröffentlichten Asylzahlen hervor.

Auch wenn dieser Anstieg der Ablehnungsquoten noch im Bereich statistischer Schwankungen liegen mag, ist er angesichts der Menschenrechtslage im Iran ein Skandal. Ein sofortiger Stopp von Ablehnungen iranischer Asylsuchender ist nicht zuletzt auch deswegen angezeigt, weil bereits vor Beginn der iranischen Revolution unzählige Fehlentscheidungen des BAMF ergingen. So lag die Aufhebungsquote durch Verwaltungsgerichte in den inhaltlich entschiedenen Asylklagen im ersten Halbjahr 2022 bei 42 Prozent, das heißt, fast jeder zweite inhaltlich überprüfte BAMF-Bescheid zum Herkunftsland Iran wurde aufgehoben. Schutzbedürftige Menschen aus dem Iran dürfen nicht in jahrelang dauernde Gerichtsverfahren gedrängt werden.

Die Hälfte aller Asylsuchenden kommt aus Syrien und Afghanistan

Die Zahl der Asylerstanträge ist mit knapp 218.000 im Vergleich zum Vorjahr um 47 Prozent gestiegen. Mit 71.000 Asylerstanträgen aus Syrien und knapp 36.000 aus Afghanistan kam rund die Hälfte aller Asylsuchenden allein aus diesen beiden Herkunftsländern. Allerdings beinhaltet die Zahl der Asylerstanträge auch hier geborene Kinder von oftmals bereits vor Jahren eingereisten und teils längst anerkannten Flüchtlingen. Rund 11 Prozent oder 25.000 der Asylerstanträge entfallen auf in Deutschland geborene Kinder im Alter von unter einem Jahr. Somit liegt die Zahl der neu eingereisten Asylsuchenden 2022 bei 193.000.

Fast drei Viertel erhalten Schutz vom BAMF

Auf Rekordhöhe ist die Schutzquote im Asylverfahren: Menschen aus Syrien und Afghanistan erhalten zu fast 100 Prozent Schutz in Deutschland, wenn der Asylantrag hier bearbeitet wird. Insgesamt liegt die Schutzquote für alle Herkunftsländer bei rund 72 Prozent, wenn man nur die inhaltlich überprüften Asylbescheide betrachtet. Das bedeutet, dass fast drei Viertel aller Schutzsuchenden bereits beim BAMF Schutz erhalten; dazu kommen Tausende von Verwaltungsgerichten aufgehobene unrechtmäßige Asylbescheide.

Die vom BAMF ausgewiesene „offizielle“ Schutzquote von 56 Prozent verzerrt Aussagen über die festgestellte Schutzbedürftigkeit, da sie auch formelle Erledigungen beinhaltet: So sagt ein Dublinbescheid für einen afghanischen Asylsuchenden, für dessen Asylverfahren zum Beispiel Rumänien zuständig ist, wenig über dessen Schutzbedürftigkeit aus, da nur die Zuständigkeit, aber nicht die Asylgründe geprüft wurden. Von diesen Dublinentscheidungen gab es im vergangenen Jahr über 22.000.