NRW: Überblick über Beratungsmöglichkeiten

23.09.2025 In den aktuellen Ehrenamts-News 3/25 gibt der Flüchtlingsrat NRW einen ausführlichen Überblick über die geltenden Beratungsstrukturen:

Beratungsangebote in Landesunterkünften

Schutzsuchende in der Landesaufnahme sind auf eine umfassende Aufklärung über das Asylverfahren sowie individuelle Unterstützung bei der Vorbereitung auf die für den Verfahrensausgang entscheidende Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF),
in der die oftmals komplexe Fluchtgeschichte möglichst widerspruchsfrei und vollständig vorgetragen werden muss, angewiesen. Seit August 2019 ist gesetzlich ein (Erst-)Informationsangebot zum Asylverfahren durch das BAMF vorgesehen. Dieses beschränkt sich aber im Wesentlichen auf

Hinweis auf das Netzheft des FRNRW

In unserem Netzheft finden Sie die Kontaktdaten folgender Beratungsstellen in NRW:
in der Landesaufnahme: Asylverfahrensberatung; Sozialberatung / Psychosoziale Erstberatung und Beschwerdemanagement
außerhalb der Landesaufnahme: Regionale Flüchtlingsberatung; Verfahrensberatung für  umF; Ausreise- und Perspektivberatung; Psychosoziale Zentren; Fachberatung für Opfer von Menschenhandel

Informationen zum Ablauf des Verfahrens und ersetzt in keiner Weise die unabhängige 
Asylverfahrensberatung (AVB) durch freie Trägerinnen. Eine solche AVB, die seit 2025 nur noch im Rahmen eines Bundesprogramms gefördert wird, fehlt allerdings in vielen Einrichtungen. Sollten Sie Kontakt zu Schutzsuchenden in Landesunterkünften ohne AVB haben, ist eine Vermittlung an andere Beratungsstellen (u. U. an die regionalen Flüchtlingsberatungen) oder an Fachanwältinnen ratsam. In Absprache mit der Beraterin/Anwältin, zu der die Kontaktaufnahme in vielen Fällen erst nach bereits erfolgter (erster) Anhörung beim BAMF gelingen dürfte, können Sie u. a. Unterstützung bei der Aufarbeitung der Fluchtgeschichte und beim Zusammentragen von Belegen und Daten hinsichtlich der Fluchtgründe zur (nachträglichen) Vorlage beim BAMF leisten.

Seit dem Wegfall der Landesförderung für die unabhängige Ausreise- und Perspektivberatung (APB) in der Landesaufnahme soll die Beratung zu Rückkehr und Ausreise allein durch die Zentralen Ausländerbehörden (ZABn) erfolgen. Die ZABn sind indes zum einen nicht unabhängig, zum anderen funktioniert die Beratung in der Praxis nicht wie vorgesehen. Möglicherweise können Sie im Einzelfall Schutzsuchende aus Landeseinrichtungen für eine ergebnisoffene Rückkehrberatung an die – eigentlich nur noch für kommunal zugewiesene Flüchtlinge zuständigen – APB-Stellen in der Region (s. u.) vermitteln.

Im Rahmen der Landesförderung sind grundsätzlich in jeder Landeseinrichtung sog. Sozialberatungsstellen vorgesehen. Diese sollen laut Kurzkonzept des NRW-Flüchtlingsministeriums (Stand: Januar 2025) die – vor 2025 getrennten – Aufgabenbereiche der Psychosozialen Erstberatung (PSE) und des Beschwerdemanagements vereinen und im Rahmen vorhandener Kapazitäten darüber hinaus Informationen bzw. Hilfestellungen zu „Bildung und Arbeit, […] Kinder und Familie, Geldleistungen, Gesundheit und Wohnsitznahme“ anbieten. Zu den Aufgaben des Stellenschwerpunkts PSE gehören v. a. die Stellung von Erstdiagnosen, das Einleiten von stabilisierenden Maßnahmen bzw. von Interventionen sowie ggfs. die Vermittlung an Ärztinnen und externe Fachstellen. Falls Sie im Rahmen Ihres Engagements Kontakt zu Flüchtlingen mit psychischen Belastungen in Landesunterkünften haben, ist also die Sozialberatung prinzipiell eine gute Adresse – jedoch sind aktuell (Stand: Anfang September 2025) über 70 % dieser Stellen unbesetzt und in den übrigen Fällen ist fraglich, ob eine Fachperson für die PSE vorhanden ist. Welche (weiteren) psychosozialen Versorgungsstrukturen es gibt und wie Sie traumatisierte Schutzsuchende als Ehrenamtliche gut unterstützen können, zeigen wir in unseren EhrenamtsNews 3/2023 auf.

Das Beschwerdemanagement dient als Anlaufstelle für die Anliegen und Beschwerden von Schutzsuchenden und soll zwischen den beteiligten Akteurinnen vor Ort vermitteln. Wenn dort keine Lösung für eine Beschwerde gefunden werden kann oder wenn es sich um Beschwerden grundsätzlicher Art, wie z. B. schwere Menschenrechtsverletzungen, handelt, wird der unabhängige Beschwerdebeauftragte des Landes NRW, Staatssekretär a. D. Karl Peter Brendel, hinzugezogen. Insbesondere wenn in der Einrichtung keine entsprechende Stelle vorhanden ist, können Sie Schutzsuchende zunächst dabei unterstützen, mit einer Beschwerde an die Einrichtungsleitung, also die Bezirksregierung in der Landeseinrichtung, heranzutreten. Nach erfolglosem Kontakt zur Einrichtungsleitung bzw. alternativ oder ergänzend zu diesem können Sie mit den Betroffenen auch eine E-Mail an die verbandsübergreifende, bei der Diakonie RWL angesiedelte Fachbegleitung des Beschwerdemanagements und/oder – bei grundsätzlichen Beschwerden – an Herrn Brendel (beschwerdebeauftragter@eha4-nrw.de) senden. Setzen Sie uns (info@frnrw.de) dabei gerne in CC, so können wir ggf. aus den Beschwerden Impulse für unsere politische bzw. Gremienarbeit ableiten.

Regionale Flüchtlings- und Migrationsberatungsstellen

An Schutzsuchende mit Wohnsitz in einer nordrhein-westfälischen Kommune, die keinen gesicherten Aufenthaltsstatus (Niederlassungserlaubnis oder deutsche Staatsbürgerschaft) haben, richten sich die regionalen – d. h. für den/die jeweilige/n Kreis/kreisfreie Stadt zuständigen – Flüchtlingsberatungsstellen. Trägerinnen sind zumeist die Wohlfahrtsverbände sowie einige etablierte lokale Flüchtlingsräte/-initiativen. Die Stellen bieten, wie auch dem zugehörigen Kurzkonzept (Stand: 19.03.2025) zu entnehmen ist, Beratung in asyl- und aufenthaltsrechtlichen Fragen (u. a. Dokumentenbeschaffung/Identitätsklärung, Familiennachzug, Abschiebung) an. Darüber hinaus erfolgt eine Erst- bzw. Verweisberatung zu sozialrechtlichen Fragestellungen und Themen wie Wohnen, Arbeit/Ausbildung, Gesundheit und gesellschaftliche Teilhabe. Es kann hilfreich sein, wenn Sie Flüchtlinge bei der Kontaktaufnahme zu den Beratungsstellen unterstützen und zu den Terminen begleiten. Aus der Beratung ergeben sich oftmals Anknüpfungspunkte für Ihr Engagement: Wenn Schutzsuchenden etwa dargelegt wird, welche konkreten Voraussetzungen ihnen noch für einen sicher(er)en Aufenthalt fehlen (z. B. die Lebensunterhaltssicherung oder die Identitätsklärung/Vorlage eines Passes), können Sie ihnen bei der Erfüllung dieser Voraussetzungen helfen (bspw. durch Unterstützung bei der Jobsuche/beim Bewerbungsprozess oder bei der Dokumentenbeschaffung (s. hierzu unsere EhrenamtsNews 2/2023)).

An 14 zentralen Standorten in NRW, u. a. in den Städten mit Außenstellen des BAMF, sind  Asylverfahrensberatungsstellen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (umF) vorgesehen. Diese bieten neben asyl- und aufenthaltsrechtlicher Beratung auch Unterstützung im Kontext der (vorläufigen) Inobhutnahme und Vormundschaft an. Ähnlich wie bei der regionalen Flüchtlingsberatung erfolgt außerdem eine Erstinformation bzw. Verweisberatung zu weiterführenden Themen. Für nähere Informationen zur Situation von umF und zu ehrenamtlichen Unterstützungsmöglichkeiten können Sie unsere EhrenamtsNews 3/2022 heranziehen.

Schutzsuchende, die eine eigenständige Ausreise in Erwägung ziehen, können sich an die regionalen unabhängigen Ausreise- und Perspektivberatungsstellen (APB) bei freien Trägerinnen wie Wohlfahrtsverbänden wenden. Diese richten sich an alle Personen aus Nicht-EU-Staaten mit Wohnsitz in einer nordrhein-westfälischen Kommune, unabhängig davon, ob ein gesicherter oder ungesicherter Aufenthalt vorliegt. Die ergebnisoffene Beratung der APB umfasst laut dem entsprechenden Kurzkonzept (Stand: Februar 2025) v. a. die Klärung der sozialen, gesundheitlichen und finanziellen Situation der Ratsuchenden inkl. der Prüfung möglicher Ausreisehindernisse, die Unterstützung bei der Beschaffung von (Reise-)Dokumenten, die Klärung der Perspektive im Zielland sowie die Aufklärung über bzw. Hilfe bei der Beantragung von möglichen Förderungen.

Darüber hinaus fördert der Bund regional ausgerichtete, bei den Wohlfahrtsverbänden angesiedelte Migrationsberatungsstellen für erwachsene Zugewanderte (MBE) und Jugendmigrationsdienste (JMD). Zielgruppe der MBE sind gemäß der Förderrichtlinie des Programms (Stand: Juni 2023) Zugewanderte im Alter ab 27 Jahren v. a. in den ersten drei Jahren nach Einreise bzw. nach Erlangung des ersten Aufenthaltstitels, während die JMD für junge Menschen mit Migrationshintergrund zwischen 12 und 26 Jahren zuständig sind. Im Zentrum von MBE und JMD steht die Individualberatung mit dem Ziel der Unterstützung des sprachlichen, sozialen und schulischen/beruflichen Integrationsprozesses der Ratsuchenden. MBE- und JMD-Stellen in Ihrer Nähe können Sie über die Suchfunktion des sog. BAMF-NAvI ausfindig machen. Aufbauend auf die Beratung durch diese Stellen können Sie geflüchteten Menschen z. B. bei der Suche nach einem Sprachkursplatz oder bei der Herstellung der Voraussetzungen für eine Einbürgerung bzw. beim Zusammentragen entsprechender Nachweise helfen.

Kommunale Integrationszentren/Kommunales Integrationsmanagement

In allen nordrhein-westfälischen Kreisen und kreisfreien Städten gibt es vom Land geförderte sog. Kommunale Integrationszentren (KIen) auf der Rechtsgrundlage von § 8 des Teilhabe und Integrationsgesetzes (TIntG) NRW. Diese Zentren wirken u. a. an der (Weiter-)Entwicklung und Umsetzung kommunaler Integrationskonzepte mit und kümmern sich um die Vernetzung mit bzw. Fachbegleitung von integrationsrelevanten örtlichen Akteurinnen. Sie übernehmen außerdem die Schulberatung und Schulplatzvermittlung für neu zugewanderte Kinder und Jugendliche und sind für die Verteilung der Landesfördermittel für lokales ehrenamtliches Engagement für Menschen mit zu den KIen sowie deren Adressen sind auf der Seite des NRW-Flüchtlingsministeriums abrufbar.

Seit 2020 stellt das Land NRW zudem gem. § 9 TIntG Mittel für das sog. Kommunale Integrationsmanagement (KIM) in allen Kreisen und kreisfreien Städten bereit. Ziel des KIM ist die
Förderung der Teilhabe neu zugewanderter Menschen durch bessere Koordinierung und anderweite Optimierung der lokalen „Integrationsinfrastruktur“. Besonders relevant für die unmittelbare Arbeit mit geflüchteten Menschen ist das rechtskreisübergreifende Case Management des KIM, ein einzelfallbezogenes Beratungs-/Begleitungsangebot, das den Integrationsprozess ganzheitlich in den Blick nehmen (aufenthaltsrechtliche Fragen, gesellschaftliche Erstorientierung, Zugang zu Bildung, Arbeit, Wohnen, Gesundheit) und unter Einbindung aller relevanten Behörden (z. B. Ausländerbehörde, Jugendamt, Schulamt, Jobcenter) arbeiten soll. Im Rahmen des Case Managements werden regelmäßig Zielvereinbarungen zwischen den Fallmanagerinnen und den begleiteten Personen geschlossen. Die Case-Management-Stellen sind vielfach in den KIen, z. T. aber auch bei freien Trägerinnen angesiedelt. Sie können die zuständige(n) Stelle(n) in Ihrer Kommune über die KIM-Datenbank ausfindig machen.

In der ehrenamtlichen Begleitung können Sie Schutzsuchende in das Case Management vermitteln und sie dabei unterstützen, die Zielvereinbarungen zu erfüllen. Neben dem Case Management werden durch das KIM u. a. auch zusätzliche Stellen bei den kommunalen Ausländer- bzw. Einbürgerungsbehörden gefördert, die die Sicherung des Aufenthalts bzw. die Einbürgerung „gut integrierter“ Menschen unterstützen und an der lokalen Vernetzung und interkulturellen Öffnung der Ämter mitwirken sollen. Unter Umständen ergibt sich über das Case Management ein Kontakt zu diesen Stellen oder möglicherweise veröffentlicht die Kommune deren Kontaktdaten auf der Website der Ausländer-/Einbürgerungsbehörde.

Weitere Fachberatungsstellen

Neben den bislang aufgeführten Beratungsangeboten gibt es eine Reihe weiterer Fachstellen, 
die sich an zugewanderte Menschen in bestimmten Lebens-/Problemlagen bzw. an spezifische
Gruppen von Schutzsuchenden richten.

So können für psychisch belastete Flüchtlinge mit Unterstützungs-/Behandlungsbedarf die sog. Psychosozialen Zentren (PSZen) eine gute Anlaufstelle sein. Sie sind für Schutzsuchende mit unsicherem Aufenthalt in den Kommunen zuständig, können bei fehlender PSE ggfs. aber auch von Flüchtlingen in Landeseinrichtungen in Anspruch genommen werden. Das Angebot der PSZen ist niedrigschwellig angelegt und umfasst neben psychotherapeutischer Versorgung auch sozialarbeiterische Begleitung und Rechtsberatung der Klientinnen. Eine Übersicht aller PSZen in NRW finden Sie hier.

An acht Standorten in NRW (Dortmund, Duisburg, Düsseldorf, Essen, Hagen, Herford, Herne und Köln) gibt es Fachberatungsstellen für Opfer von Menschenhandel, die u. a. Unterstützung bei der Organisation einer sicheren Unterbringungsmöglichkeit, psychosoziale Beratung und Prozessbegleitung anbieten. Auf unserer Website ist eine Zusammenstellung diverser Beratungs- und Kontaktangebote für LSBTIQ-Flüchtlinge in NRW abrufbar (Stand: Dezember 2024).

Menschen mit prekärem Aufenthalt bzw. mit unzureichendem Gesundheitsversorgungsanspruch können sich für eine Vermittlung medizinischer/therapeutischer Leistungen an die sog. Medinetze/Medibüros (Standortübersicht) bzw. an die hauptamtlichen „Anonymen Krankenscheine“/Clearingstellen (Standortübersicht) wenden.