Schlimme Rekordzahlen zum Weltflüchtlingstag 20. Juni 2022

16.06.2022 Alljährlich veröffentlicht das UNHCR zum Weltflüchtlingstag aktuelle Zahlen derjenigen, die weltweit auf der Flucht sind. Von Jahr zu Jahr steigt die Zahl. Sie überschritt zuletzt erstmals die 100-Millionen-Marke. Hauptaugenmerk in der europäischen Öffentlichkeit gilt den aus der Ukraine Geflüchteten.

Über 100 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht

"Es sei aber fatal, wenn das Augenmerk nur auf die Ukraine gerichtet sei. Es fehlten riesige Geldsummen, um Menschen in anderen Erdteilen zu helfen. Er nannte unter anderem Spannungen in West- und Ostafrika, im Mittleren Osten, die Lage der aus Myanmar vertriebenen Rohingya und die Situation in Südamerika, wo viele Länder Flüchtende aus Venezuela aufgenommen haben," so Filippo Grandi, UN-Hochkommissar für Flüchtlinge laut Presseberichten.

Fast 37 Millionen Kinder weltweit auf der Flucht

Naturkatastrophen und Konflikte: Weltweit sind 36,5 Millionen Kinder auf der Flucht - so viele wie niemals zuvor seit 1945. Und die flüchtenden Kinder aus der Ukraine sind noch nicht miteinberechnet.

So viele Kinder wie niemals zuvor seit dem Zweiten Weltkrieg sind Ende 2021 weltweit auf der Flucht vor Konflikten, Gewalt und anderen Krisen gewesen.

Das Kinderhilfswerk Unicef teilte am Freitag, 17.06.2022 mit, eine Rekordzahl von 36,5 Millionen Kindern sei aus ihren Häusern und Wohnungen vertrieben worden. Darunter seien 13,7 Millionen Flüchtlings- und asylsuchende Kinder und fast 22,8 Millionen Kinder, die wegen Konflikten und Gewalt im Inland vertrieben worden seien. Damit stieg die Zahl der weltweit vertriebenen Kinder im Vergleich zu 2020 um 2,2 Millionen.

7,3 Millionen Kinder wegen Naturkatastrophen vertrieben Die Rekordzahl sei eine direkte Folge von langwierigen Konflikten wie in Afghanistan oder im Jemen. Rund 7,3 Millionen Kinder wurden 2021 wegen Naturkatastrophen heimatlos. Unicef forderte die Regierungen in aller Welt auf, den Schutz für Flüchtlinge, Migranten und Kinder zu verstärken.

Noch gar nicht eingerechnet in die Rekordzahl seien die heimatlos gewordenen Kinder in der Ukraine. Durch den russischen Angriffskrieg in dem Land seien seit Februar mehr als zwei Millionen Kinder zur Flucht veranlasst worden, rund drei Millionen Kinder seien innerhalb des Landes vertrieben worden. Darüber hinaus würden Kinder und ihre Familien auch durch extreme Wetterereignisse wie etwa die Dürre am Horn von Afrika und durch schwere Überschwemmungen wie in Indien, Bangladesch und Südafrika vertrieben.

 

Todesursache Flucht: 13.237 Todesfälle - Männer, Frauen und Kinder - sind zwischen dem 1. Juni 2021 und dem 1. Juni 2022 verzeichnet.

Die NGO UNITED Against Refugee Deaths veröffentlichte ihre zu Juni 2022 aktualisierte Liste von dokumentierten Todesfällen seit Juni 2014), die sie den "Fatal Policies of Fortress Europe" zuschreibt:

More than 48.647 migrant deaths were documented up to June 2022.

Die Forderung von UNITED: No More Deaths – Time for Change!

https://unitedagainstrefugeedeaths.eu/

https://unitedagainstrefugeedeaths.eu/wp-content/uploads/2014/06/ListofDeathsActual.pdf

Deaths are listed if they can be attributed to the "Fatal Policies of Fortress Europe"
(border closure, push backs, asylum laws, detention policy, deportations, carrier sanctions...) Page 1 (of 84)
List of 48.647 documented deaths of refugees and migrants due to the restrictive policies of " Fortress Europe "
Documentation by UNITED as of 1 June 2022
Death by Policy - Time for Change!
Campaign information: Facebook UNITED Against Refugee Deaths, UnitedAgainstRefugeeDeaths.eu, Twitter: @UNITED__Network #AgainstRefugeeDeaths, Instagram: unitedlistofdeaths
UNITED for Intercultural Action , European network against nationalism, racism, fascism and in support of migrants and refugees - Amsterdam Refugee Campaign Secretariat
Postbus 413, NL-1000 AK Amsterdam, Netherlands, tel +31-6-48808808, listofdeaths@unitedagainstracism.org

 

dpa-Bericht vom 15.06.2022:

Über 100 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht

Die durch den russischen Krieg gegen die Ukraine verschärfte Hungerkrise in der Welt setzt Flüchtlingen besonders zu. Ihre Zahl hat einen erschreckenden Rekord erreicht. Deutschland will helfen.

Kriege, Konflikte und Krisen haben die weltweite Flüchtlingskrise weiter verschärft. Erstmals sind mehr als 100 Millionen Menschen auf der Flucht, so viele wie nie mindestens seit dem Zweiten Weltkrieg, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) am Donnerstag in Genf berichtete.

Gekoppelt mit den explodierenden Lebensmittelpreisen sei das katastrophal, sagte Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD): «Es droht die schwerste Hungersnot seit dem Zweiten Weltkrieg», warnte sie in Berlin. Das Ministerium sprach von einem erschreckenden Rekord.

Die hohen Lebensmittelpreise werden teils angeheizt durch den russischen Krieg gegen die Ukraine, der den dortigen Export von Getreide und anderem verhindert. Eine Katastrophe sei das vor allem für Entwicklungsländer, die selbst von Armut, Trockenheit und Hunger betroffen sind und zudem Millionen Geflüchtete aufgenommen haben, sagte Schulze. «Wir sind als Weltgemeinschaft gefragt, in gemeinsamer Verantwortung und Solidarität diese Länder zu unterstützen.» Deutschland helfe Ländern des Globalen Südens nach dem Anstieg der Weltmarktpreise für Getreide gezielt, sagte Schulze.

Ukrainer und Ukrainerinnen: zweitgrößte Flüchtlingsgruppe

Ukrainerinnen und Ukrainer sind innerhalb weniger Wochen zur zweitgrößten Flüchtlingsgruppe der Welt geworden, nach Syrerinnen und Syrern, berichtete das UNHCR. 4,9 Millionen Menschen flüchteten bislang aus der Ukraine, aus Syrien waren es fast sieben Millionen.

Der Weltflüchtlingsbericht bezieht sich eigentlich immer auf das vorangegangene Jahr. Wegen der dramatischen Folgen des Krieges gegen die Ukraine nannte das UNHCR ausnahmsweise auch die Flüchtlingszahl für Mai 2022, die die 100-Millionen-Marke überschritten hat. Aber auch Ende 2021 sei bereits eine Rekordzahl von Menschen auf der Flucht gewesen: 89,3 Millionen, acht Prozent mehr als ein Jahr zuvor, berichtete das UNHCR. Es waren mehr als doppelt so viele Menschen auf der Flucht wie vor zehn Jahren. Rund 60 Prozent der Vertriebenen fanden Zuflucht anderswo in ihren eigenen Ländern.

«Was wir in der Ostukraine sehen ist sehr brutal und sehr furchteinflößend», sagte Filippo Grandi, UN-Hochkommissar für Flüchtlinge. Es sei aber fatal, wenn das Augenmerk nur auf die Ukraine gerichtet sei. Es fehlten riesige Geldsummen, um Menschen in anderen Erdteilen zu helfen. Er nannte unter anderem Spannungen in West- und Ostafrika, im Mittleren Osten, die Lage der aus Myanmar vertriebenen Rohingya und die Situation in Südamerika, wo viele Länder Flüchtende aus Venezuela aufgenommen haben.

Dreiviertel der Flüchtlinge bleiben im Nachbarland

Deutschland war hinter der Türkei, Kolumbien, Uganda und Pakistan das größte Gastgeberland, mit 1,3 Millionen Aufgenommenen. Die meisten Menschen, die über Grenzen flüchten, bleiben in der Nähe des Heimatlandes. «Dreiviertel der Flüchtlinge sind im Nachbarland, weil sie hoffen, so schnell wie möglich nach Hause zurückkehren zu können», sagte UNHCR-Sprecher Chris Melzer. 87 Prozent aller Flüchtlinge haben in Ländern mit niedrigen und mittleren Einkommen Zuflucht gefunden.

Die Krisen werden nach Angaben von Grandi immer vertrackter. Konflikte würden durch wachsende Ungleichheit geschürt. Schlechte Regierungsführung verhindere vielerorts Entwicklung. Der Klimawandel verschärfe etwa den Kampf um Ressourcen, zum Beispiel in der Sahel-Zone in Afrika, was schwelende ethnische Konflikte anheize. Zusammen mit Flüchtlingen, die in ihrer Heimat bedroht sind und nach dem humanitären Völkerrecht schutzbedürftig seien, seien auch immer mehr andere Migranten unterwegs. Viele machten sich aus Verzweiflung, weil sie ihre Familien nicht mehr ernähren könnten, auf die Suche nach einem besseren Leben.