26.04.2025 Wie unterschiedlich Statistiken zu deuten sind, zeigt sich am Beispiel der jüngsten Veröffentlichung von Statista, über die z. B. von der Zeit berichtet wurde "Deutschland europaweit mit den meisten positiven Asylbescheiden". Das klingt in heutigen Zeiten skandalträchtig und könnte die neue Regierung zu weiterer Abwehr ermutigen.
Da fehlt allerdings der Hinweis, dass es sich um absolute Zahlen handelt. Wenn berücksichtigt wird, dass Deutschland auch das bevölkerungsreichste Land in Europa ist und dies in Relation gesetzt wird, würde das schon anders klingen. Statista nennt auf Platz 2 Frankreich, auf Platz 3 Spanien. Frankreich liegt bei der Bevölkerungszahl ebenfalls auf Platz 2, Spanien hinter Italien auf Platz 4.
Abgesehen davon weist m. E. die Quote positiver Asylbescheide in Deutschland (53,4 %, "leicht über dem EU-Niveau") auch auf die Qualität der Asylanträge hin. Mehr als der Hälfte der Asylbewerber*innen wird die Berechtigung zuerkannt, hier Schutz zu suchen und Sicherheit zu finden. Aus humanitärer und solidarischer Sicht sollte die Quote vermutlich noch deutlich höher sein.
Wir zitieren:
Veröffentlicht von Statista Research Department, 16.04.2025
Im Jahr 2024 war Deutschland das EU-Land mit den meisten positiven Asylentscheidungen: Insgesamt wurden 133.710 Asylverfahren in erster Instanz mit einem positiven Bescheid abgeschlossen. 116.550 Asylverfahren endeten in erster Instanz mit einem negativen Bescheid. In Frankreich wurden 2024 insgesamt 138.380 Asylverfahren in erster Instanz entschieden, davon 52.125 positiv. Unter die positiven Asylentschlüsse fallen auch Entscheidungen zum "Subsidiären Schutz".
und ZEIT ONLINE mit dem Hinführungstext:
2024 hat Deutschland rund 150.000 Asylsuchenden Schutz gewährt – EU-weit deutlich den meisten. Mehr als 60 Prozent aller erfolgreichen Anträge entfielen auf drei Länder.
- ZEIT ONLINE 25. April 2025: Asylanträge: Deutschland europaweit mit den meisten positiven Asylbescheiden
Im vergangenen Jahr hat es in der EU mehr erfolgreiche Asylanträge gegeben als im Vorjahr. Das zeigen Zahlen der europäischen Statistikbehörde Eurostat. Demnach haben die EU-Mitgliedsländer 437.900 Menschen Schutz gewährt, sieben Prozent mehr als im Jahr davor.
Deutschland hat mit Abstand den meisten Menschen Schutz gewährt: 150.500 Asylanträge wurden anerkannt. Das ist etwas mehr als ein Drittel aller positiven Anträge innerhalb der EU.
Drei Länder mit Großteil aller positiven Anträge
Dahinter liegen Frankreich mit 65.230 bewilligten Anträgen und Spanien mit 50.915. Auf alle drei Länder zusammen entfallen etwas mehr als 60 Prozent aller erfolgreichen Asylanträge.
Die meisten anerkannten Asylbewerber kamen aus Syrien (32 Prozent), Afghanistan (17 Prozent) und Venezuela (acht Prozent).
Fast die Hälfte aller Anträge wurde abgelehnt
Insgesamt wurden 2024 laut Eurostat fast 755.000 Anträge auf Asyl gestellt, rund 49 Prozent wurden abgelehnt. Portugal fuhr dabei einen besonders harten Kurs: 99 Prozent aller Anträge lehnte das Land ab und gewährte nur zehn Menschen Schutz.
In Deutschland wurde etwas mehr als die Hälfte aller Anträge bewilligt (53,4 Prozent). Das liegt leicht über dem EU-Niveau.
Die meisten Aufgenommenen mit Flüchtlingsstatus
Ein genauerer Blick auf die Zahlen zeigt, welchen unterschiedlichen Schutzstatus die Menschen erhalten haben. Rund 42 Prozent (185.550 Menschen) bekamen einen Flüchtlingsstatus, knapp 170.000 Menschen (ca. 39 Prozent) einen subsidiären Schutz, weil ihnen in ihrem Heimatland ernsthafte Gefahr droht. Aus humanitären Gründen wurden rund 82.500 Menschen von den EU-Mitgliedsstaaten aufgenommen (ca. 19 Prozent).
Auf Bitten des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR wurden 13.790 Flüchtlinge aus einem Drittstaat in die EU umgesiedelt. Auch hier nahm Deutschland mit etwas mehr als 5.700 den Großteil auf.
Mögliche neue Bundesregierung plant härteren Asylkurs
Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag eine strengere Asylpolitik für Deutschland festgelegt. So sollen unter anderem Asylsuchende an der Grenze zurückgewiesen werden. Auch den Familiennachzug von subsidiär Schutzberechtigten will Schwarz-Rot aussetzen. Die Aufnahmeprogramme für Afghanistan sollen gestoppt werden.
Für Syrien gilt bereits ein neuer Kurs. Nach dem Sturz des langjährigen syrischen Machthabers Baschar al-Assad im Dezember 2024 haben mehrere Länder die Bearbeitung von Asylanträgen aus dem Land ausgesetzt, darunter auch Deutschland.