17.12.2025 Eine erweiterte "sicherer" Herkunftsländer und die Auslagerung von Asylverfahren in Drittländer außerhalb der EU / Abschiebung von Asylbewerbern dorthin - Die Verschärfung des Asylrechts auf EU-Ebene hat nun auch vom Parlament die Zustimmung. Nicht überraschend, denn die Vorschläge waren von der EU-Kommission eingebracht und zum Beispiel auch durch Dobrindts informelle Treffen, dem Zugspitzen-Gipfel und Munich Migration Meeting vorbereitet worden.
Jetzt werden zwischen Kommission und Mitgliedsländern schnellstmöglich Gesetzestexte dazu ausgehandelt, denen voraussichtlich ebenso zugestimmt wird.
Durch die vorangegangene Mahnung, im EU-Parlament die "Brandmauer" zu beachten, wurde in der Berichterstattung stärker als in der Vergangenheit auf die Herkunft der Mehrheiten geachtet: Was im Bundestag nach den heftigen Protesten im Winter - ausgelöst durch das gemeinsame Abstimmen von CDU/CSU mit AfD zu Merz´ 5-Punkte-Plan zur Migrationspolitik - immer noch als Tabu gilt, scheint auf europäischer Ebene zunehmend zur Normalität zu werden: Gemeinsame Abstimmungen von EVP (darin maßgeblich CDU/CSU) mit Rechtsextremen.
- Zeit 17.12.2025 EU-Parlament stimmt für Auslagerung von Asylverfahren
EU-Länder sollen künftig Asylbewerber in Drittstaaten abschieben dürfen. Dafür stimmte die EVP gemeinsam mit der rechten Fraktion....
- Tagesschau 17.12.2025 Auslagerung von Verfahren EU-Parlament stimmt für Verschärfung des Asylrechts
Das Europaparlament hat für eine Verschärfung des Asylrechts gestimmt - mit gemeinsamen Stimmen von Union und AfD...
Abgeordnete von CDU und AfD stimmten gemeinsam dafür, dass Asylsuchende künftig aus der EU in sogenannte „sichere Drittstaaten“ gebracht werden können...
Bei geplanten Verschärfungen der Asylpolitik drohen laut den Grünen Mehrheiten mit rechtsextremen Stimmen. Die Brandmauer im EU-Parlament bröckelt. Kanzler Merz soll klar Stellung beziehen...
Berichterstattung im Wortlaut:
Abgeordnete von CDU und AfD stimmten gemeinsam dafür, dass Asylsuchende künftig aus der EU in sogenannte „sichere Drittstaaten“ gebracht werden können
epd | Das EU-Parlament hat seine Position zu zwei zentralen Asylgesetzen abgestimmt. Das teilte ein Sprecher am Mittwoch in Straßburg mit. Künftig könnten Asylsuchende in sogenannte „sichere Drittstaaten“ gebracht werden, in denen sie nie zuvor gelebt haben – bekannt als Ruanda-Modell. Zudem soll es eine gemeinsame europäische Liste „sicherer Herkunftsstaaten“ geben, wodurch Asylsuchende aus Ländern wie Marokko, Tunesien oder Ägypten in Asylverfahren und beim Arbeitsmarktzugang deutlich benachteiligt würden.
Die CDU stimmte zusammen mit Abgeordneten der AfD und weiterer rechter Parteien für die Gesetzesverschärfung, während Linke, Grüne und Sozialdemokraten mehrheitlich dagegen votierten. Die finalen Verhandlungen mit der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten über die beiden Gesetzestexte sollten noch am selben Tag beginnen.
Sichere Drittstaaten oder das Ruanda-Modell
Das Konzept der sicheren Drittstaaten sieht vor, Asylsuchende in Länder zu verlegen, die Schutz gewähren, statt ihnen im EU-Ankunftsland ein reguläres Verfahren zu ermöglichen. Mit der geplanten Gesetzesänderung wäre dies auch in Staaten möglich, in denen die Betroffenen bisher nie gelebt haben, sofern ein entsprechendes Abkommen besteht. Modelle wie das Abkommen zwischen Italien und Albanien oder das Ruanda-Modell würden damit ermöglicht.
Der Generalsekretär der Kommission der Kirchen für Migranten in Europa (CCME), Torsten Moritz, kritisierte die Asylrechtsverschärfung: „Die anvisierten Drittstaaten haben meist keine ausreichende Infrastruktur. Damit wird de facto das Grundrecht auf Asyl abgeschafft“, erklärte er. Clara Bünger, Sprecherin für Innen- und Fluchtpolitik der Linken im Bundestag, verwies auf frühere Gerichtsentscheidungen in Großbritannien und Italien und die mögliche Verletzung der Genfer Flüchtlingskonvention: „Das Ruanda-Modell missachtet fundamentale Menschenrechte.“
Europäische Liste „sicherer Herkunftsländer“
Bisher legten die Mitgliedstaaten selbst fest, welche Länder als sicher gelten. Künftig soll eine gemeinsame europäische Liste gelten. Wird ein Land als sicher eingestuft, werden Asylverfahren verkürzt, die Beweislast liegt stärker bei den Betroffenen, und der Zugang zum Arbeitsmarkt ist oft eingeschränkt.
„Staaten wie Ägypten, in denen politische Verfolgung an der Tagesordnung ist, werden jetzt europaweit als sichere Herkunftsländer definiert“, kritisierte der Europaabgeordnete Erik Marquardt (Grüne). Dies werde nicht Abschiebungen erleichtern, wie viele denken. Abschiebungen seien auch ohne Einstufung als „sicheres Herkunftsland“ möglich. Es werde vor allem dazu führen, dass Asylsuchende aus diesen Ländern deutlich weniger Rechte hätten – etwa keinen Zugang zum Arbeitsmarkt. Das hält Marquardt vor allem integrationspolitisch für problematisch.
- Tagesschau 17.12.2025 Auslagerung von Verfahren EU-Parlament stimmt für Verschärfung des Asylrechts
Das Europaparlament hat für eine Verschärfung des Asylrechts gestimmt - mit gemeinsamen Stimmen von Union und AfD. Unter anderem soll künftig die Einrichtung von Asylzentren in Drittstaaten möglich werden.
Das Europaparlament hat mit einer rechten Mehrheit dafür gestimmt, die Verantwortung für Asylbewerber einfacher an Nicht-EU-Staaten abgeben zu können. Deutschland und andere EU-Länder sollen Migranten demnach auch in Länder abschieben dürfen, zu denen sie keine Verbindung haben - in denen sie also nie gelebt oder Verwandte haben. Die Asylbewerber sollen dann dort Schutz beantragen, und nicht in Europa.
Das Parlament spricht sich damit für einen Vorschlag der Europäischen Kommission aus. Auch die Mitgliedsländer hatten der Gesetzesänderung zuvor größtenteils zugestimmt. Um letzte Streitpunkte zwischen den EU-Staaten und dem Europaparlament zu klären, sollen noch im Laufe des Tages Verhandlungen zu dem Vorhaben beginnen.
Umgang mit Minderjährigen noch offen
Noch zu klären ist unter anderem der Umgang mit Kindern und Jugendlichen bei den Asylverfahren. Im ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission gab es eine Ausnahme für Minderjährige. Sie sollten demnach nicht in einen Drittstaat abgeschoben werden können, zu dem sie keine Verbindung haben. Im Fall von Minderjährigen müsse eine solche Verbindung bestehen.
Der Haltung waren auch die EU-Staaten gefolgt. In der Position des Europaparlaments gibt es für diese Ausnahme jetzt eine Einschränkung. Kinder und Jugendliche seien ausgenommen, "es sei denn, es gibt berechtigte Gründe zu der Annahme, dass sie eine Gefahr für die nationale Sicherheit oder die öffentliche Ordnung darstellen", heißt es in einer Mitteilung des zuständigen Ausschusses im Parlament.
Das Europaparlament hat dafür gestimmt, dass Asylbewerber einfacher an EU-Drittstaaten abgeschoben werden dürfen. Menschen, die Asyl beantragen wollen, dürfen dadurch auch in Länder abgeschoben werden, in denen sie nie zuvor gelebt haben. Statt in der EU sollen sie dort Schutz suchen. Der Vorschlag kam aus der Europäischen Kommission und war unter dem Namen Ruanda-Modell bekannt geworden.
Ein reguläres Asylverfahren in den EU-Staaten wird den Menschen so verwehrt. So würde ein Abschiebeabkommen wie das zwischen Italien und Albanien möglich, das bisher durch nationale und europäische Gerichte mehrfach verlangsamt wurde.
Als nächster Schritt sollen letzte Streitfragen zwischen den EU-Staaten und dem Europaparlament geklärt werden.
Kritik an Abstimmung mit rechts
Eine Mehrheit der Abgeordneten der Fraktionen rechts der Mitte, darunter auch AfD-Abgeordnete, stimmte für die neue Regelung. Linke, Grüne und Sozialdemokraten stimmten überwiegend dagegen. Die Grünen hatten zuvor Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) dazu aufgefordert, nicht mit einer rechten Mehrheit abzustimmen.
Der EU-Fraktionschef der Grünen, Erik Marquardt, sagte zuvor, er erwarte, dass es auch auf europäischer Ebene keine gemeinsame Linie mit Rechtsextremen geben werde. Er kritisierte, dass die EVP-Fraktion, der auch die CDU/CSU angehören, in Kauf nehme, mit "Rechtsextremen, Klimaleugnern und Putin-Lobbyisten" zusammenzuarbeiten. Die EVP erwiderte darauf, dass es keine aktive Zusammenarbeit mit Rechtsextremen geben werde.
Neue Liste "sicherer Herkunftsländer" nimmt Hürde
Einer gemeinsamen Liste sicherer Herkunftsländer, in die abgeschoben werden dürfte, stimmte das Parlament ebenfalls zu. In Länder wie Tunesien, Marokko oder Ägypten soll künftig schneller abgeschoben werden können. Auch der Kosovo, Kolumbien, Indien und Bangladesch sollen auf der Liste stehen.
Für Manfred Weber (CSU und Chef der EVP-Fraktion im Europaparlament) ist es offenbar kein Problem, mit Rechtsextremen gemeinsam Mehrheiten herzustellen. Das war zum Beispiel im November bei der Beschlussfassung für ein schwächeres Lieferkettengesetz so:
Konkret kam die Mehrheit unter anderem durch Abgeordnete der EVP-Fraktion, zu der CDU und CSU gehören, und der rechtskonservativen EKR, zu der etwa die Partei von Italiens rechter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni gehört, zustande. Auch die Abgeordneten des Rechtsaußen-Bündnis PfE um Ungarns Regierungschef Viktor Orban und der Partei Rassemblement National (RN) von Frankreichs Rechtspopulistin Marine Le Pen sowie der ESN-Fraktion, der unter anderem die AfD angehört, sprachen sich dafür aus. (LTO)
Vor den für heute anstehenden Abstimmungen zur Verschärfung des Asylrechts mahnt Erik Marquardt eindringlich ein Machtwort von Bundeskanzler Merz zur Wahrung der Brandmauer an:
»Ich erwarte vom Bundeskanzler und CDU-Chef, dass er zu seinem Wort steht und es unter ihm auch auf europäischer Ebene keine Zusammenarbeit mit rechtsextremen Parteien gibt«, sagte der Chef der Grünen im EU-Parlament, Erik Marquardt.
Doch dieser Appell fruchtete nicht. Während ich dies schreibe, wird gemeldet:
EU-Länder sollen künftig Asylbewerber in Drittstaaten abschieben dürfen, zu denen sie keine Verbindungen haben. Dafür stimmte die EVP gemeinsam mit der rechten Fraktion. (Zeit)
Das Europaparlament hat für eine Verschärfung des Asylrechts gestimmt - mit gemeinsamen Stimmen von Union und AfD. (Tagesschau)
Zuvor hatte der Spiegel berichtet:
Bei geplanten Verschärfungen der Asylpolitik drohen laut den Grünen Mehrheiten mit rechtsextremen Stimmen. Die Brandmauer im EU-Parlament bröckelt. Kanzler Merz soll klar Stellung beziehen.
Die Grünen verlangen von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ein Machtwort gegen EU-Migrationsentscheidungen mit rechter Mehrheit. »Ich erwarte vom Bundeskanzler und CDU-Chef, dass er zu seinem Wort steht und es unter ihm auch auf europäischer Ebene keine Zusammenarbeit mit rechtsextremen Parteien gibt«, sagte der Chef der Grünen im EU-Parlament, Erik Marquardt.
Anfang des Jahres hatte es im Deutschen Bundestag eine Abstimmung zu einer Verschärfung der Migrationspolitik gegeben. Dabei nahm die CDU auch Stimmen der AfD in Kauf und erreichte so die notwendige Mehrheit. Merz hatte die Abstimmung bedauert, als Ausnahme bezeichnet und versichert, dass es keine Zusammenarbeit mit der AfD geben werde.
Abstimmung über sichere Herkunftsstaaten
In Straßburg soll an diesem Mittwoch über zwei Vorschläge der EU-Kommission abgestimmt werden. Zum einen geht es dabei darum, Asylverfahren an Staaten außerhalb Europas abzugeben. Demnach wäre es möglich, Menschen in Nicht-EU-Länder abzuschieben, damit sie dort Schutz beantragen und nicht in Europa. Daneben wird auch über eine EU-weit geltende Liste sicherer Herkunftsstaaten abgestimmt. Dem Vorschlag nach sollen Menschen dadurch etwa schneller nach Marokko, Tunesien oder Ägypten abgeschoben werden können.
Marquardt sagte, die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen könnten nur mit rechtsextremen Stimmen eine Mehrheit erreichen. Die EVP-Fraktion im Europaparlament, zu der auch CDU und CSU gehören, wolle eine möglichst schnelle und extreme Verschärfung in der Asylpolitik und nehme dafür eine Zusammenarbeit mit »Rechtsextremen, Klimaleugnern und Putin-Lobbyisten« in Kauf. »Wer mit diesen Feinden Europas gemeinsame Sache macht, wird zum Steigbügelhalter des Rechtsextremismus«, fügte er hinzu.
Abstimmung im EU-Parlament: Die Brandmauer brennt Die europäischen Konservativen brechen ein Tabu. Im Europaparlament lassen sie es auf eine Mehrheit mit Rechtsextremen ankommen, um das Lieferkettengesetz zu lockern. Die Schuld geben sie den Sozialdemokraten.
Die EVP-Fraktion argumentiert, sie arbeite bei Gesetzesvorhaben nicht aktiv mit Rechtsextremen zusammen. Die Brandmauer stehe auch auf europäischer Ebene, hatte EVP-Chef Manfred Weber (CSU) in der Vergangenheit gesagt.
Die EU-Staaten haben sich zu den Vorhaben bereits positioniert. Sollte auch das Europaparlament den Vorschlägen heute zustimmen, könnten Detailfragen zwischen beiden Institutionen am Abend bei Verhandlungen geklärt werden.
Die europäischen Konservativen brechen ein Tabu. Im Europaparlament lassen sie es auf eine Mehrheit mit Rechtsextremen ankommen, um das Lieferkettengesetz zu lockern. Lesen Sie hier wie die Brandmauer in der EU bröckelt.