Beitrag zum Aktionstag gegen Rassismus (Samstag, 19.03.) der BEUELER INITIATIVE GEGEN FREMDENHASS
Ein Paukenschlag: Die Wochen gegen Rassismus 2016 beginnen mit den Wahlerfolgen der neuen rassistischen Kraft AfD. Was lange Zeit befürchtet und nicht zuletzt durch Talkshows und Wahlprognosen herbeigeredet wurde, gelang: Der still vorhandene Rassismus in der deutschen Gesellschaft wird gestärkt, tritt immer offener zu Tage. Das ist spürbar für Geflüchtete und ihre UnterstützerInnen, denen der Hass entgegenschlägt, die Übergriffe und Brandanschläge fürchten, das ist spürbar für Muslime, die immer unverhoh-lener mit pauschalem Terror- oder Schariaverdacht abgelehnt werden.
Das bekommen auch die Politiker zu spüren, die zur Aufnahme von Schutzsuchenden stehen, zu einem friedlichen Leben in Vielfalt, zu den Werten des Grundgesetzes.
Ihnen allen begegnet ein Mob, der von sich behauptet, das „Volk“ zu sein, und alle Kritik als „Lügen“(-presse) abtut. Ihnen laufen (Nicht-)WählerInnen zu, die sich berechtigt oder unberechtigt zu kurz gekommen fühlen und in den fremdenfeindlichen Parolen die einfachen Lösungen erwarten. Darin werden sie bestärkt auch durch Mitglieder der Regierungsparteien, die ebenfalls nach Abwehr, Abschiebung, Abschottung, Obergrenze rufen in der Konkurrenz um die Stimmen vom rechten Rand. Schwach, kaum hörbar der Protest gegen die Brandanschläge gegen Flüchtlingsunterkünfte, die es schon 2015 praktisch täglich gab, auch in Nordrhein-Westfalen und den anderen alten Bundesländern. Erst in jüngster Zeit des immer dreisteren Auftretens finden solche Übergriffe kurzzeitig Aufmerksamkeit und deutlicheren Widerspruch. Besorgniserregend ist diese Entwicklung in unserem Land, noch alarmierender aber, wenn man ähnliche Prozesse und Wahlerfolge in den meisten anderen europäischen Ländern beachtet.
Uns von der Beueler Initiative gegen Fremdenhass erinnert die Situation in vielem an den Beginn der 1990er Jahre, als wir uns gründeten: Auch den vielen Flüchtlingen damals und den bereits lange hier lebenden MigrantInnen schlug rassistischer Hass entgegen, auch damals randalierte Mob vor den Unterkünften, die von blindwütigen Brandstiftern unter nicht nur klammheimlichem Beifall angesteckt worden waren. Die Brandstiftungen und Überfälle auf der Straße führten in den schlimmsten Fällen zum Tod der Angegriffenen, z. B. der Familie Genc in Solingen, und bewirkten ein Klima von Angst und Einschüchterung bei all denen, die auf Grund ihres Aussehens als „Fremde“ eingestuft wurden. Die Regierungspolitik nahm das alles viel zu lange ohne deutliche Widerspruch hin und kam dem Mob der Straße sogar entgegen, indem sie als „Lösung“ das Asylrecht einschränkte, auch das genau wie jetzt.
Dagegen standen damals viele auf, wie wir. „Arsch huh – Zäng ussenander“ war die bekannteste Parole, die dazu aufforderte, nicht zu schweigen und wegzusehen, sondern einzugreifen, den Rassisten und Nazis gemeinsam offensiv entgegenzutreten und rassistischen Äußerungen oder Taten, wo immer wir sie im Alltag wahrnehmen, zu widersprechen. Damals konnten wir gemeinsam die Stimmung im Land wenden, eine breite Zustimmung für eine offene Gesellschaft der Vielfalt und des Respekts herbeiführen, die bis heute wirkt und sich in der überwältigenden Aufnahme- und Unterstützungsbereit-schaft für Flüchtlinge zeigt.
Natürlich gibt es bei der Aufnahme, bei der Begegnung mit Flüchtlingen auch Enttäuschungen und Rückschläge. Bedrückend waren die Nachrichten von der Kölner Silvesternacht. Übergriffe, Diebstahl und anderes kriminelles Handeln sind selbstverständlich nicht hinnehmbar. Aber die breite Skandalisierung sorgte dafür, dass die Vergehen Einzelner der Gesamtheit der Flüchtlinge, der Gesamtheit der muslimischen Männer als anonymer Masse angelastet wurden. Damit wurde Angst vor allen, die scheinbar diesen Gruppen zuzuordnen wären, geschürt. Wir sehen es auch bei uns selbst, dass unwillkürlich die Offenheit für die Begegnungen gestört war. Das ist das Rassistische an der Auseinandersetzung: Nicht das Individuelle im Blick zu haben, sondern die pauschale Assoziationskette: Aussehen jung, männlich, arabisch – Gefahr für Leib und Gut!
Nicht nur in den Wochen gegen Rassismus wollen wir alle ermutigen,
- dem Pauschalverdacht zu widerstehen und Vorurteile zu bekämpfen,
- mit Vernunft und vorurteilslos weiter den Schutzsuchenden in unserer Stadt, in unserer Nachbarschaft, zu begegnen und Bekanntschaft und Vertrauen zu fördern,
- ein freies und sicheres Leben für uns selbst und die Neuankömmlinge zu ermöglichen,
- allen Benachteiligten beizustehen und darauf zu drängen, dass keine Gruppe Förderungsbedürftiger gegen eine andere ausgespielt wird.
Dies sind hohe Ziele, gewiss! Ein langer und schwieriger Weg! Aber auch der schwierigste Weg besteht aus kleinen Schritten, die wir gehen sollten.
100% gegen Rassismus - Widerstand gegen AfD, gegen den Ruck nach Rechts!
Für eine offene, vielfältige Gesellschaft in Deutschland, in Europa!
BEUELER INITIATIVE GEGEN FREMDENHASS
seit 1992 aktiv für Verständnis und Respekt!
Aktionstag gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit
Samstag, 19.3.16, 11:00 bis 12:30 Uhr vor dem Alten Rathaus in Bonn